Die Zürcher Velorouten im Visier

Die Plattform Velobserver hat sich zum Ziel gesetzt, das geplante Velorouten-Netz der Stadt Zürich nach genauen Kriterien unter die Lupe zu nehmen. Dank der Plattform kann man so beobachten, wie sich das Velonetz entwickelt und schon bald kannst auch du deine Bewertung abgeben.

Vor gut einem Jahr, am 27. September 2020, hat die Stadt Zürich über die Initiative «Sichere Velorouten für Zürich» abgestimmt. Ziel der Initiative: ein über 130 Kilometer langes, durchgängiges Veloroutennetz in der Stadt Zürich, dass innerhalb der nächsten 10 Jahre fertiggestellt sein soll. Die Initiative wurde überdeutlich mit mehr als 70% Ja-Stimmenanteil bei einer hohen Stimmbeteiligung angenommen. Die Stadtbevölkerung hat klar gezeigt, in welche Richtung sich Zürich weiterentwickeln soll.


Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Mit dem Velobserver gibt es nun eine Plattform, welche die Fortschritte des Zürcher Veloroutennetz unter die Lupe nimmt. Der Velobserver ist eine zivilgesellschaftliche, politisch unabhängige Bewegung aus Zürich, die gemeinsam die Qualität der Veloinfrastruktur bewertet.

Die Bilanz nach einem Jahr: Es muss noch viel passieren. Ein Fachteam des Velobservers hat auf der Beta-Version der Plattform bereits eine erste Bewertung des gesamten Velonetzes vorgenommen und online zugänglich gemacht. Bewertet wurde das Veloroutennetz nach den Kriterien «Konfliktfreiheit», «Sicherheit» und «Attraktivität» und es gibt die Noten «hervorragend», «gut», «knapp vorbei» und «ungenügend». Im Video seht ihr, wie dieses Bewertungsmuster funktioniert. Schon bald soll auch die Bevölkerung die Möglichkeit haben, das Velorouten-Netz zu bewerten.

Gemäss dem Velobserver-Team ist einerseits eine App geplant, damit die Bewertung für möglichst viele Menschen zugänglich wird und andererseits seie man auch in Gesprächen mit anderen Städten, um den Velobserver auch an anderen Orten zu lancieren. Wann und wie genau die Umsetzung geschehen wird, ist jedoch noch nicht endgültig definiert.

So funktioniert die Velobserver-Bewertung


Grösstenteils ungenügend

Die erste Auswertung zeigt ein klares und alarmierendes Bild. Von den rund 130 Kilometer Velowegen in Zürich entspricht gerade mal etwas mehr als 7 Kilometer den aufgestellten Kriterien. Zudem sind diese Abschnitte fast alle an den Stadträndern. Damit die ambitionierten Ziele der Stadt Zürich in den nächsten 10 Jahren zur Realität werden, muss jetzt einiges passieren.

Fast keine grünen Abschnitte befinden sich im Stadtinnern. (Grafik: Velobserver)
Über 90 Prozent des Veloroutennetzes fallen in der Bewertung des Velobservers durch. (Grafik: Velojournal)

Wer sich die Karte genauer anschauen will, kann dies in der Beta-Version des Velobservers machen. Auf der Plattform kann man das Projekt ausserdem auch finanziell oder mit einer Mitgliedschaft unterstützen.

Ein anschauliches Beispiel für die bedenkliche Situation auf den Zürcher Velorouten bietet auch das folgende Video. Es ist eine Luftaufnahme, welche die Hürden bei der Überquerung des Zürcher Milchbucks von oben zeigt. Auf knapp 130 Metern überquert man hier mit dem Fahrrad vier Tramschienen, zwei Ampeln und acht Autospuren. Velovorzugsrouten? Fehlanzeige. Dreimal dürft ihr raten, welche Note diese Strecke im Bewertungsraster des Velobservers erhalten würde…

So viele Hürden kann es auf 130 Meter geben


Viel Arbeit aber auch Zuversicht

Das ernüchternde Bild, das durch dieses Bewertungsraster aufgezeigt wird, macht eines klar. Damit das Velorouten-Netz, wie es geplant ist, in spätestens 10 Jahren steht, muss sehr viel passieren. Sehr gut ist aber, dass so auch die aktuellen Mängel aufgezeigt werden und der Druck für die Entstehung von sicheren und attraktiven Velowegen erhöht werden kann. Zuversicht gibt es ausserdem auch dadurch, dass in Zürich in den letzten Jahren bei fast allen Initiativen zu velopolitischen Themen für das Velo gestimmt wurde. Und wir sind überzeugt, das wird auch weiterhin so bleiben. Wichtig ist nun, dass auf Worte auch Taten folgen.

Mehr Freiraum für das Velo ist gefragt.

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7 Kommentare

Adrian Becker
3. September 2021

Sälber regelmässig Velofahrer in Züri:
Fahre: Chreis 1, 4, 5, 6, 8, 10, 11 – mehrmals pro Wuche dur dInnestadt

Das Video vom Milchbuck obe isch en echte Usnahmefall, davo gits maximal e handvoll in Züri. Aber au dette muen mer scho sege, mer muess nid wie de Velofahrer im Video durerase ohni sich a irgendwelli Veloregle oder au üblichi Praktike zhalte. Signalisiert isches zur Genüge und wenn mer sich e bitz meh ziit nimmt und vorem zuefahre links / rächts luegt isches zwar umständlich, aber trotzdem sicher.

SViel grössere Problem isch, dass sich kei Sau ad Regle halte tuet und ich gseh praktisch jede Tag ganz gföhrliche Manöver. Kei Handsignal, fahre ufm Troittor, Rotlicht überfahre, fahre über Zebrastreife (wo das nid für Velofahrer signalisiert isch), Falschfahrer, gföhrliches Überhole, Vortritt neh, Schilder ignoriere (z.B. im Fahrverbot zfahre), etc.
Wär dringend nötig mal regelmässigi Grosskontrollene durezführe und speziell Rotliechtfahrer schwer zbüesse.

    Veloplus – Béla Brenn
    7. September 2021

    Hoi Adrian
    Danke für dein Feedback. Natürlich ist die Lage nicht überall so kritisch wie am Milchbuck. Dennoch gibt es genug Verkehrsknotenpunkte, bei denen es zu einer solchen Situation kommt in Zürich. Aber natürlich hast du Recht, dass Velofahrende sich an Regeln halten müssen und respektvoll und sicher im Strassenverkehr unterwegs sein sollen. Uns geht es jedoch grundsätzlich um die Tatsache, dass es zu wenig sichere Velowege gibt und oft Fussgänger und Velos in sogenannten Mischzonen denselben Raum benutzen müssen oder der Veloweg gar keine Abtrennung zum motorisierten Verkehr hat.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Daniel Canonica
3. September 2021

Genauso gescheit wäre nicht das Streckennetz unter die Lupe zu nehmen, sondern die Velofahrer selber. Tagtäglich sieht man haarsträubende Szenen von Velofahrern die sich einen Dreck um Verkehrsregeln scheren. Im Nachbarland sind endlich Velo-Patrouillen, auf Velos notabene, unterwegs und büssen oder ziehen schwere Sünder aus dem Verkehr. Je nach Schwere des Vergehens kann sogar der Autoführerschein entzogen werden. Hoffentlich macht man das in der Schweiz bald nach, denn es kann nicht sein, dass immer nur den Autofahrern auf die Finger geschaut wird, die Velofahrer können tun und lassen was sie wollen. Wenn was passiert, ist es der „arme“ Velofahrer, aber sein Grad des Verschuldens wird praktisch nie erwähnt.

    Veloplus – Béla Brenn
    6. September 2021

    Hoi Daniel
    Merci für dein Feedback. Natürlich stimmt es, dass genau so wichtig wie eine gute Infrastruktur für Velofahrende, auch das Einhalten der Verkehrsregeln von Velofahrenden ist. Deshalb informieren wir in unserem Blog auch immer wieder über neu eingeführte Strassenverkehrsgesetze, die auch Velofahrende betreffen.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Walter
5. September 2021

Das Video „So viele Hürden kann es auf 130 Meter geben“ ist nicht zu gebrauchen. Die Texte sind nicht zu lesen da viel zu kurz eingeblendet.
Als fast täglicher Radfahrer nehme ich ein nicht unbedeutender Teil der Velofahrer als gefährlich war: kein Licht bei Dunkelheit, fahren auf Trottoir obwohl z.T. ein Radstreifen existiert, keine Zeichen geben und natürlich leiden nicht wenige and Farbenblindheit. Ob grün oder rot – es wird durchgerauscht.
Nehmt Euch ein Beispiel der Radfahrer in Kopenhagen.

    Veloplus – Béla Brenn
    6. September 2021

    Guten Tag Walter
    Danke für deine Rückmeldung. Auch wenn die Texteinblender im Video eher kurz zu sehen sind, ist die Botschaft des Videos dennoch ziemlich klar. Selbstverständlich hast du Recht, dass sich alle Velofahrenden im Strassenverkehr respektvoll und sicher bewegen sollen und sich an die Strassengesetze halten sollen. Doch die Art und Weise wie sich die Velofahrenden verhalten und welche Infrastruktur den Velofahrenden zur Verfügung gestellt wird sind zwei verschiedene Themen. Und hier geht es um die Infrastruktur und die muss eindeutig verbessert werden. Und genau so wie sich deiner Meinung nach Velofahrende hier ein Beispiel an Velofahrenden in Kopenhagen nehmen können, finden wir, dass sich die Stadt Zürich bezüglich der Infrastruktur für das Velo ein Beispiel an der Stadt Kopenhagen nehmen könnte.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Patrick Stähler
28. September 2021

Das Velobserver Team scheint sehr interessante Kriterien zu verwenden. So ist die obere Scheuzacherstrasse beim Irchelpark ungenügend, während die Quaibrücke als gut gilt. Gleiches gilt für den Hallwylerplatz. Fahren die selbst auf den Routen, oder haben sie einfach definiert, dort wo ein Auto parkiert, ist es eine ungenügende Route? Ich fahre die Routen regelmässig und die Scheuzacherstrasse ist nicht perfekt, aber gut. Das gleiche gilt für die Mühlbachstrasse. Auf dem Hallwylerplatz ist Mischverkehr und die Velos kurven zwischen den flanierenden Fussgänger. Ist das gut? Für Fussgänger?

Die Bewertung ist ideologisch und nicht für Velo, sondern gegen Auto. Come on, wir brauchen gute Velowege und nicht autofreie Velowege, sondern Velowege mit möglichst wenig Durchgangs- und Parkplatzsuchverkehr. An der Scheuzacher muss nur die Vorfahrtregel angepasst werden, dann ist sie perfekt. Bei der Dufourstrasse stört der Schleichverkehr der Autos und mit ein paar Poller könnte man diesen aus dem Quartier herausbekommen. Dafür muss man aber nicht alle Parkplätze aufheben.
Wenn die Stadtregierung, die seit Jahren behauptet, hier was zu machen, mal mit kleinen Mitteln, wie Pollern arbeiten würde, wären wir weiter.

Jetzt haben wir wieder Orthodoxie aber keinen Fortschritt. Das ist nicht die Lösung.

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