Ein Boom ohne Ende

Die Velobranche hat im Jahr 2020 Fahrräder verkauft wie noch nie. Der Boom der letzten Jahre wurde 2020 noch einmal getoppt. Vor allem bei den E-Bikes gibt es ein markantes Wachstum, aber auch die unmotorisierten Velos verzeichnen wieder mehr Zuwachs. Dennoch wird das Jahr 2021 zu einer Herausforderung.

Der Veloboom im Coronajahr ist in aller Munde. Nun wird er auch durch die neusten Verkaufszahlen vom Verband Velosuisse belegt. Über eine halbe Million, genauer 501`828 Velos und E-Bikes sind 2020 verkauft worden. Ein Drittel davon waren E-Bikes.


Über eine halbe Million Velos wurden 2020 verkauft. Jedes dritte davon war ein E-Bike.


Der Veloboom in Zahlen

Schaut man sich die letzten 5 Jahre an, erkennt man vor allem beim E-Bike ein kontinuierliches Wachstum. Beim unmotorisierten Fahrrad gab es zwischen 2017 und 2018 einen leichten Rückgang der Verkaufszahlen.

JahrFahrradE-BikeGesamt
201624891675665324581
201725024287987338229
2018233652111661345313
2019230464133033363497
2020*330696171132501828
*neue Berechnungsmethode in Anlehnung an die Zollstatistik des Bundes (Quelle: Velosuisse)

Neue Erhebungsmethode der Statistik

Da der Internethandel 2020 auch im Fahrradmarkt einen höheren Stellenwert gewann, wurde mit Blick auf die Importstatistik des Bundes der Internethandel sowie die zahlreichen Kleinmarken in der Velosuisse-Verkaufsstatistik stärker gewichtet. Daraus resultierte vor allem bei den Muskelfahrrädern von 2019 auf 2020 ein deutlicher Mengenzuwachs von knapp 100`000 Stück (siehe Tabelle oben). Bei den teureren E-Bikes, die nach wie vor hauptsächlich über den Fachhandel gekauft werden, wirkte sich der Online-Handel dagegen weniger stark aus.


Der Zuwachs bei den E-Bikes ging weniger auf Kosten der unmotorisierten Velos.


Gemäss Velosuisse ist wegen der geänderten Erhebungsgrundlage der Velomarkt effektiv zwar nicht ganz so stark gewachsen wie das die Zuwachsraten in der Statistik verheissen. Bereinigt ist aber dennoch ein positiver Trend ersichtlich: Der Zuwachs bei den E-Bikes ging weniger auf Kosten der unmotorisierten Velos. Vor allem im Sport- und Kindervelobereich wurden mengenmässig wieder mehr unmotorisierte Fahrräder verkauft. Das deutet darauf hin, dass sich in der Corona-Zeit vermehrt ganze Familien in den Sattel schwangen.

Massives E-Bike-Wachstum

Bei den E-Bikes konnten sowohl die Strassenvelos (+21,4 Prozent) als auch die Mountainbikes (+40,3 Prozent) nochmals kräftig zulegen. Insbesondere der Zuwachs in der schnellen Kategorie (45 km/h) sticht bei den Strassenvelos mit einem Plus von 39,8 Prozent ins Auge. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass sich immer mehr Pendler auf ein schnelles E-Bike verlassen.

Gegenüber 2019 konnten die E-Bikes insgesamt nochmals um 28,5 Prozent zulegen von 133`033 auf 171`132 Stück. Tatsächlich dürfte diese Verkaufszahl aber noch weit höher liegen, da die Lager bei Händlern und Zulieferern teils restlos leergekauft wurden und so auch Vor- und Vorvorjahresmodelle neue Besitzerinnen und Besitzer fanden, die bereits in den Verkaufsstatistiken der Vorjahre verbucht worden waren. Die Zahlen im Detail gibts hier: Neuverkäufe 2020

Veränderte Mobilität, grössere Distanzen

Neben den Verkaufszahlen belegt auch eine Studie der ETH und Universität Basel zum Mobilitätsverhalten in der Schweiz während Corona (MOBIS Covid-19) auf eindrückliche Weise den Aufschwung des Fahrrads. In dieser Grafik aus der Studie sieht man die Veränderung der gefahrenen Kilometer nach Verkehrsmittel. Während sämtliche Verkehrsmittel während der Corona-Pandemie weniger benutzt wurden bzw. weniger Kilometer zurückgelegt haben, hat sich die Anzahl zurückgelegter Kilometer auf dem Fahrrad massiv erhöht.

Grafik zur Veränderung der gefahrenen Kilometer nach Verkehrsmittel (Quelle: MOBIS Covid-19)

Im Fazit der Studie wird der Aufschwung des Fahrrads noch einmal thematisiert, auch in Bezug wofür das Fahrrad vor allem verwendet wurde:

Während der Anstieg anfangs vor allem ein Fitness- und Freizeitboom zu sein schien, hat eine aktuelle Imputation der Fahrtzwecke gezeigt, dass das Fahrrad für alle Zwecke zulegte, wobei Freizeit und Einkaufen die prominentesten waren. Auch der Arbeitsweg mit dem Fahrrad hat zugenommen, allerdings nicht so stark (ca. 40% gegenüber 60-80% für die anderen Zwecke). Die neue Freiheit in der Zeiteinteilung zeigt sich im Radfahren für die Freizeit während des Tages. Regressionsbasierte Analysen (demnächst Teil dieses Berichts) zeigen, dass die Verschiebungen der Verkehrsmittelwahl nicht durch das Wetter getrieben sind. Die Ergebnisse sind qualitativ ähnlich, wenn man für Temperatur und Niederschlag kontrolliert.“ MOBIS-Covid-19

Herausforderungen trotz Boom

Wie sich dieser gewaltige Boom nun weiterentwickeln wird, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Wichtig ist vor allem, dass sich auch die Infrastruktur weiterentwickelt, und dem wachsenden Bedürfnis nach dem Fahrrad als Fortbewegungsmittel gerecht wird.

Veloplus unterstützt verschiedene Projekte, die sich genau dieser Förderung des Fahrrads widmen. So sind wir beispielsweise Hauptsponsor der Aktion Bike to Work und unterstützen auch die letztes Jahr lancierte Velochallenge Cyclomania.

Eine andere grosse Herausforderung neben der Infrastruktur ist vor allem auch die Warenverfügbarkeit. Wie wir erst kürzlich aufgezeigt haben, befindet sich die Velobranche durch das überdurchschnittliche Wachstum der Nachfrage und den gleichzeitigen Einbruch der Lieferketten in einem Dilemma zwischen Boom und Krise. Die kommenden Jahre bleiben also eine grosse Herausforderungen trotz, oder gerade wegen des unglaublichen Wachstums der Branche im Jahr 2020.


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