Projekt Baarcelona – in acht Tagen von Baar nach Barcelona

Die Veloplus-Kunden Ronny und Livio waren auf einer grossen Reise. Von Baar ging es mit dem Rennvelo nach Barcelona. In ihrem Reisetagebuch berichten die beiden von den acht Etappen, die sie auf dem Weg dorthin zurückgelegt haben.

Tag 1 (Baar – Aarberg – Lausanne, 213km, 1’900 Höhenmeter, 8h 10min)

Der erste Tag startete sehr früh, wir sind um 4:45 aufgestanden, uns dann mit Sack und Pack um 5:45 auf die Räder zu schwingen. Die Luft an diesem Samstagmorgen war frisch und die Stimmung sehr ruhig. Die ersten Kilometer waren in dichten Nebel gehüllt und es waren praktisch keine Autos auf den Strassen. Den ersten Zwischenstopp machten wir nach knapp 70 Kilometern in einem verschlafenen Kaffee in Huttwil. Begleitet von viele Wespen gabs Schoggimilch, Cappuccino und Gipfeli. Die Kilometeranzeige auf der Garmin stieg stetig an und und die Fahrt durchs Berner Hinterland lief sehr flüssig. Unseren zweiten Zwischenstopp haben wir dann im wunderschönen Städtchen Aarberg gemacht. Unsere Fahrräder wurden von neugierigen Passanten beäugt und wir wurden bereits die ersten Male gefragt, wo wir denn hinfahren. Es wurde nicht schlecht gestaunt, als wir mit einem lockeren „nach Barcelona“ geantwortet hatten. Uns wurde sogar das erste Mal ein Schlafplatz angeboten. Unser eigentliches Tagesziel war eigentlich Murten. Nach kurzer Überlegung entschieden wir uns dann, dass wir doch noch ein wenig mehr Strecke gut machen möchten und dass unsere Beine noch mehr Kilometer in sich hatten, als wir zunächst gedacht hatten. Also entschieden wir uns kurzerhand, Murten auszulassen und nach Lausanne zu fahren. Kurz vor Lausanne gabs dann bereits die erste Kraftprobe für unsere – inzwischen schon ziemlich ermüdeten – Beine. Der Anstieg bis zur EPFL Lausanne. Nach 213 Kilometern, 1900 Höhenmetern und über 8 Stunden reiner Fahrzeit sind wir dann endlich an unserem Ziel angekommen. Wir versuchten, die verbrannten Kalorien mit Burger, Cola und Glaces so gut wie möglich wieder reinzubekommen.

Tag 2 (Lausanne – Valserhône – Belley, 153km, 1’200 Höhenmeter, 6h 1min)

Der Lac Leman hatte sich an diesem Morgen von seiner besten Seite präsentiert. Die Grenze hatten wir bereits vor dem Morgenessen hinter uns gelassen. In Frankreich angekommen, machten wir dann einen kurzen Zwischenstopp und gönnten uns feine Croissants und Kaffee. Die französischen Städte schienen wie ausgestorben und uns blieb in Valserhone nichts anderes übrig, als uns mit Fertigsandwiches aus dem Supermarché zu begnügen. Die Arbeitsmoral in Frankreich schien ganz nach dem Motto: Sonntag = Ruhetag zu ticken. Am Nachmittag trafen wir dann erstmals auf die wunderschöne Via-Rhona, die uns auf unserer Reise noch lange begleiten würde. Die Via-Rhona ist eine sehr gut ausgebaute Veloroute, die der Rhone über Lyon bis nach Marseille folgt. Ein absoluten Highlight unserer Tour! Das Ziel der zweiten Etappe war dann ein kleines, unscheinbares Dorf namens Belley: Auch hier schien alles wie ausgestorben: In unserem Motel war niemand zu sehen und wir konnten uns mit eine Code dann Zutritt zu unserem Zimmer beschaffen. Die einzige Möglichkeit fürs Abendessen war ein kleiner Imbiss wo wir dann wieder eine leckere Pizza verspeisten.

Tag 3 (Belley – La Côte-Saint-André – Valence, 140km, 1’330 Höhenmeter, 5h 26min)

Den dritten Tag verbrachten wir hauptsächlich auf der Via-Rhona, wo wir wahrscheinlich mehr Schafen als Autos auf unserer Fahrt begegnet sind. Unsere Tagesroutine hatte sich inzwischen ziemlich gefestigt. Das Packen der Taschen ging immer schneller und wir versuchten stets, zirka 50 Kilometer zu fahren, bevor wir uns eine Bäckerei oder ein Café aufsuchten, um uns etwas zu stärken. Für die ersten Kilometer des Tages hatten wir uns von Riegeln und Kohlenhydraten in Pulverform, welche wir in unsere Flaschen füllten, ernährt. Ein weiterer wichtiger Punkt für uns war das stetige Aufsuchen von Wasserquellen. Es gab Tage, wo ein Wasserverlust von 5 oder gar 6 Litern prognostiziert wurde, weshalb wir stetig darauf achten mussten, genug Wasser wieder einzuführen. Oft machten wir bei kleinen Tankstellen oder „Lädeli“ halt, um die Wasserflaschen wieder aufzufüllen. Ein Highlight dieser Etappe war das Dorf La Côte-Saint-André, welches mit schönen Fassaden, plätschernden Brunnen und einer wunderschönen Kirche auf sich aufmerksam machte. Das Ziel des Tages war dann die Stadt Valence. Hier schien Frankreich wieder aufzuwachen und die Stadt war voller Touristen und Einheimischen, welche durch die schöne Innenstadt flanierten.

Tag 4 (Valence – Montelimar – Avignon, 127km, 597 Höhenmeter, 4h 10min)

Am vierten Tag wussten wir, dass wir nicht so viel Strecke zu bewältigen hatten. Da die Via Rhona leider nicht mehr Teil unserer Strecke war und wir viele unspektakuläre Schnellstrassen vor uns hatten, entschlossen wir, die Strecke so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. Inzwischen machten sich auch unsere Hintern bemerkbar und wir wollten den Tag so planen, dass wir so schnell wie möglich in Avignon sein mochten. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30.5 Kilometern pro Stunde fuhren wir dann nach Orange, wo wir wunderbare Tapas verspeisen durften. In Avignon angekommen, bezogen wir unser kleines Studio etwas abseits des Zentrums. Stolz auf unsere Leistung des Tages machten wir uns dann auf den Weg zum Supermarkt, um dort die Zutaten für unser Abendessen zu besorgen. Dann kam es, wie es kommen musste: Beim Weg zum Einkaufen gab es ein lautes Zischen und der Hinterreifen von Ronny verlor in Windeseile seine ganze Luft. Beim näheren Inspizieren des Hinterrades bemerkten wir, dass nicht nur der Schlauch, sondern der ganze Reifen komplett verschnitten war. Bis jetzt wissen wir nicht, was da auf der Fahrbahn lag, dass seinen Reifen so stark zerfetzen konnte. Diesen Schaden konnten wir unmöglich an Ort und Stelle flicken und die Stimmung schien auf einen Schlag zu kippen. Zu unserem grossen Glück gab es einen Decathlon, welcher zu Fuss vom Ort des Geschehens zu erreichen war. Der Reifen und der Schlauch wurde zügig ausgetauscht und wir kamen mit einem blauen Auge davon. Glück im Unglück!

Tag 5 (Avignon – Saint-Gilles – Montpellier, 130km, 225 Höhenmeter, 4h 56min)

Der Tag begann mit dem Blick auf die bekannte Brücke von Avignon, natürlich begleitet von französischen Croissants. Als wir uns Kilometer um Kilometer dem Meer näherten, begegneten wir immer mehr Rennradfahrern. Diese kurzen Gespräche und das gegenseitige Windschatten-Spenden sorgten dafür, dass diese Strecke kurzweilig und abwechslungsreich in Erinnerung bleibt. Dieser Tag stellt auch einen wichtigen Meilenstein auf unserer Reise dar, denn wir sind am Meer angekommen, nachdem uns bereits seit einigen Kilometer der Meeresbrise entgegen kam. Am Nachmittag fuhren wir beim Etappenziel Montpellier ein. In der Stadt angekommen, liess das erste Gelato nicht lange auf sich warten. Das Getummel und die Touristen in der Innenstadt waren eine willkommene Abwechslung zu den sonst ziemlich ausgestorbenen Dörfchen, die uns bis dahin in Frankreich begegnet sind. Nachdem wir die Stadt ausgecheckt haben war eine Dusche und ein Nickerchen überfällig, bevor es dann für das Abendessen wieder raus ging. Der fünfte Tag wurde mit einem grossen Aperol Spritz abgerundet. Dies war für uns beide der erste Aperol Spritz, der in einem Guinness Bierglas serviert wurde. Ehrlich gesagt haben wir uns da auch zum ersten Mal als Touristen gefühlt.

Tag 6 (Montpellier – Narbonne – Saint-Cyprien, 190km, 632 Höhenmeter, 7h 32min)

Am sechsten Tag stand wieder eine grössere Etappe bevor. Früh am Morgen verliessen wir unser Hostel und starteten den Tag auf den leeren Strassen Montpelliers, begleitet von einem herrlichen Sonnenaufgang. Die Strecke führte uns lange am Meer entlang und war geprägt von vielen spannenden Bekanntschaften. Wir lernten Fabrice aus Lespignan kennen, der gerade auf seiner Morgenrunde unterwegs war. Er hatte so viel Freude an uns und unserem Projekt bekommen, dass er uns schon seine Tochter schmackhaft machen wollte. Er meinte, er stelle sie uns dann vor, wenn wir das nächste Mal nach Lespignan kommen. Wir hatten ebenfalls die Ehre, kilometerlange im Windschatten vom 64-jährigen Laurent bis nach Narbonne zu fahren. Das eigentliche Ziel der Etappe wäre eigentlich die Stadt Perpignan gewesen. Da dort aber kein passendes Hotel frei war, entschieden wir uns am späteren Nachmittag, noch weitere 30 Kilometer der Küste entlang zu fahren, um dann in Saint-Cyprien einzukehren. Da wir unsere letzte grosse Etappe nun hinter uns hatten, beschlossen wir kurzerhand, uns ein etwas schöneres Hotel zu gönnen. Wir hatten sogar noch kurz Zeit, um uns im Hotelpool zu erfrischen. Die Erleichterung nach diesen heissen und anstrengenden 190 Kilometern war sehr gross und langsam wuchs die Vorfreude auf Barcelona mehr und mehr.

Tag 7 (Saint-Cyprien – Figueres – Girona, 94km, 768 Höhenmeter, 3h 28min)

Der siebte Tag war der Tag unserer Frühstücks-Premiere, erstmals gönnten wir uns etwas mehr Schlaf und entschlossen uns dazu, das Frühstück statt auf dem Weg bereits im Hotel zu verzehren. Voller Vorfreude und bereits ausgerüstet begaben wir uns auf den Weg zum Buffet. Der Geruch der frischgebackenen Köstlichkeiten schwärmte uns entgegen als Ronny plötzlich zu spüren bekam, dass es nicht die beste Idee ist mit Klickschuhen Richtung Buffet zu hopsen. Einen Knall später und 5 Treppenstufen tiefer durfte er sich nichts anmerken lassen und brachte der Rezeptionistin ein charmantes «Bonjour» entgegen. Am Buffet hatte er dann genug Zeit, um sich über die Wehwehchen zu beklagen. Den Morgen hinter uns gelassen machten wir uns auf den Weg Richtung Spanien. Nach einem etwas längerem Anstieg stärkten wir uns im Supermarkt und als die Verkäuferin auf den französischen Smalltalk von Livio spanisch antwortete wurde uns klar, wir sind in Spanien angekommen. Die restliche Strecke war nicht besonders spektakulär, bis wir dann in Girona angekommen sind. Voller Neugier und mit grossem Hunger sind wir in das Restaurant vom ehemaligen Rennradprofi Gesink gestolpert. Rückblickend war das das beste Restaurant der ganzen Tour, ein wahres Rennradparadies. Parkplätze für die Rennräder, Trikots diverser Radikonen, ausgestellte Velos, hammermässiges Essen und sogar klickschufreundliche Treppen! Mental konnten wir uns im beschaulichen und extrem schönen Städtchen von Girona beim Abendessen auf die letzte Etappe vorbereiten.

Tag 8 (Girona – Barcelona, 105km, 561 Höhenmeter, 3h 42min)

Und schon stand der letzte Tag unseres Projekts an: Die Fahrt nach Barcelona. Anscheinend ist die Strecke zwischen Girona und Barcelona eine sehr beliebte Rennradstrecke, denn wir wurden von dutzenden Rennradfahrern auf unserer letzten Etappe begleitet. Es lief alles sehr flüssig und die Fahrt an sich war ziemlich unspektakulär. Wir machten wieder viele Bekanntschaften und fuhren eine lange Zeit mit zwei älteren Herren aus Barcelona mit. Nach kurzem Smalltalk stellte sich heraus, dass sich einer der beiden einige Jahre zuvor für die Iron Man WM in Hawaii qualifiziert hatte. In seiner Heimat nennen ihn alle «Loco Barto». Er zeigte uns dann seine in alle Himmelsrichtungen abstehende Schulter und meinte locker, dass er diese in den kommenden Tagen operieren müsse – Es sei bereits die vierte Operation an seiner Schwachstelle. Schon ziemlich Loco, dieser Barto… Und plötzlich bäumten sich dann vor uns die Hochhäuser der Millionenmetropole auf. Wir fuhren auf direktem Wege zum Strand und von dort aus dann bis ganz in den Süden zum berühmten W Tower. Wir hatten es geschafft. Genau eine Woche nach dem Start in Baar trafen wir dann in Barcelona ein. Nach über 1150 Kilometern und fast 7000 Höhenmetern hatten wir unser Ziel erreicht. Wir blicken zurück auf eine unvergessliche Reise und freuen uns aufs nächste Abenteuer…

Barcelona war geprägt von neuen Bekanntschaften, gutem Essen und langen Nächten und ausnahmsweise konnten wir dann mal ausschlafen. Viel geradelt, viel gelacht, viel gesehen und viel in Erinnerung. Wiederholungsbedarf.


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1 Kommentar

Bortis Regula
7. November 2024

Congratulations Livio und Ronny!
Hammerleistung und
ein unvergessliches Abenteuer!

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