Veloplus-Kunde Lukas war auf einer Reise durch Zentralasien. In einer Sammlung aus Tagebucheinträgen bringt er auf humorvolle Weise einige seiner Erlebnisse zu Papier.
Reisebericht von Lukas
Vieles ist gleich, einiges ist anders. Oder umgekehrt, das liegt im Auge des Betrachters.
Dieser Reisebericht zeigt einige Ausschnitte aus etwa 3 Monaten Fahrradreise. Andere Geschichten von Begegnungen oder Beobachtungen könnten hier stehen. Dies ist ein Ausschnitt, von der erlebten Vielfalt, ein Versuch persönlich erlebte Geschichten und reale Gegebenheiten in den jeweiligen Ländern zu verbinden. Mögliche stereotypische Beschreibungen sind nicht wertend gemeint.

Plateau Asy in Kasachstan
Es machte den Anschein, das Hochplateau erwache nun wieder langsam nach den Wintermonaten und wird von Menschen und Zuchttieren über die Sommermonate bewohnt. Einzelne Jurten stehen bereits, viele sollen noch dazu kommen. Der Blick von Wiesen und Bergen geht ins Endlose. Bevor es dunkel wird, werde ich von einem Hirten zu Vasilis Hütte eingeladen. Bei Bedarf verständigen wir uns mit einem Wörterbuch (Telefonnetz und Internet gibt es hier oben nicht), trinken Tee, essen Kekse, rauchen Zigaretten und schauen eine russische Komödie, sorgfältig ausgewählt aus den unzähligen Türmen von VCR Kassetten, gestapelt neben dem Röhrenfernseher. Vasili kennt einen Hirten in meiner Fahrtrichtung, ich solle am nächsten Tag verlangen verpflegt zu werden. Der Beschreibung zufolge angekommen, frage ich nach Erlan. Ich komme genau richtig aufs Mittagessen und werde sogleich für die Nacht eingeladen. Beschbarmak, Kekse und ausreichend Vodka zum Nachtisch für Alle. Am Nachmittag werden Schafe geschoren, jeder hat seine Aufgaben, ich beobachte. Stündlich wird eine Pause gemacht mit einer Flasche Vodka und geräucherten Schafsfett. Die Kombination ist grossartig. Selbstgedrehte Zigaretten waren, solange mein Vorrat reichte, immer ein willkommenes Mitbringsel. Um acht Uhr abends wird es dunkel, um 9 geschlafen und am nächsten Morgen um fünf Uhr begann der Arbeitstag und meine Weiterfahrt, mit hässlichen Kopfschmerzen.

Infrastrukturprojekte in Kirgistan
Seit Jahren werden in Kirgistan und den umliegenden Ländern viele Strassen- und Schienennetze ausgebaut oder neu gebaut. Einiges ist Teil von der Neuen Seidenstrasse, einiges scheint im Wohle von nationalem oder bilateralem Interesse von Staaten zu sein. In einer derart globalisierten Welt sind nationale und internationale Anliegen oft schwer voneinander unterscheidbar. Kurz bevor Kasarman erfahre ich von einem, in 2014 gestarteten Grossprojekt. Die Route verbindet nördliche und südliche Teile von Kirgistan und wurde in schwierigen Bergterrain gebaut. Von einigen Kirgisen höre ich, dass es bereits jetzt möglich sei, mit etwas Glück, Zigaretten, Bargeld und Vodka, einen sich immer noch im Bau befindenden Tunnel zu durchqueren.

Von Kasarman sind es etwa 40km, auf 1500 Höhenmeter zum Tunnel. Die Strassen sind im optimalen Zustand, schlängeln sich in teilweise über 5m hohen Wände aus Erde. Viele der entgegenkommenden Autos signalisieren mir, ich fahre in eine Sackgasse, Touristen aus Südafrika sagen mir sie waren am Tunneleingang, durchqueren sei nicht möglich. Am späten Nachmittag erreiche ich die Baustelle, sofort werde ich, wie sich später herausstellt, vom einzigen Kirgisen gestoppt und aufgefordert umzukehren. Mit gebrochenem russisch erkläre ich meine Situation und er verweist mich auf seine Chefs, Mitarbeiter eines chinesischen Bauunternehmens. Die Durchfahrt sei aus sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich, es besteht kein Interesse an Zigaretten.

Als es dunkel wird, versuche ich es noch einmal auf eigene Faust, ich werde schnell gestoppt und verbringe den Abend im Container des Kirgisen. Er ist immer wieder am Telefon, um 23 Uhr wird es etwas hektisch, ein Auto kommt vorbei, schnell solle ich schauen, ob mein Fahrrad Platz hat. Ich stopfe mein Fahrrad ins Auto, werde durch den Tunnel gebracht und am anderen Ende in der Container Siedlung der Baustelle ausgeladen mit dem Verweis heute noch diesen Ort zu verlassen. Ich laufe noch 1,5h Stunden entlang Schotterstrassen bis ich den Checkpoint erreiche und wieder Asphalt fahren kann. Die Blicke des Pförtners und mir kreuzen sich, da ich aber die Baustelle verlasse interessiert es ihn nicht weiter.

Mitten im Nichts in Tadschikistan
Nach einer spektakulären Wanderung zum Advance Camp des Peak Lenin auf 4400m, auf eine besondere Art beeindruckt von den Alpinisten und ihren Geschichten, geht es nun wieder mit dem Fahrrad weiter. Über den Kyzyl-Art Pass (4.336m), eines der trockensten und felsigsten Gebiete Zentralasiens, geht es nach Tadschikistan. Der Pass wurde nach den roten Farben der Landschaft benannt. Auf Tadschikisch bedeutet ‚Kyzyl‘ rot und ‚Art‘ Bergpass. Gefühlt mitten im Nichts, öffnet sich die Schranke zwischen zwei hellblauen Containern, weiter hinten Soldaten mit abgegriffenen Maschinengewehren. Zwischen Kirgistan und Tadschikistan gab es immer wieder Konflikte, die beiden Grenzposten sind getrennt durch etwa 20km No-mans-land. Das übliche Passprozedere erfolgt handschriftlich in ein Buch.


Bartang Valley
Bereits nach dem kirgisischen Grenzposten war der drastische Wechsel der Landschaft zu spüren. Von saftigem Grün ging es in eine karge Gesteinslandschaft über. Es gibt drei Strassen nach Duschanbe. Zusammen, mit 2 Fahrradfahrern aus Österreich, befahren wir das Bartang Valley. Die Abgeschiedenheit der ersten 3-4 Tage auf dem Plateau, bevor wir auf das Tal abbiegen, war beeindruckend. Wenn es windstill ist, hört man hier auf der Hochebene, umgeben von teils über 6000 Meter hohen Bergen absolut nichts. Keinen Vogel, kein Insekt. Entlang des Bartang Tals, treffen wir auf abgelegene Dörfer, grün und gelbe Oasen in Mitten von Felslandschaften. Supermärkte gibt es selten, aber wenn, dann sind sie gefüllt mit Reis, Pasta und vielen Keksen. Immer wieder gibt es Fluss- und Schlammfeldüberquerungen im Tal, aufgrund der Schneeschmelze in den Bergen. Wir sind froh, mit dem Fahrrad, anstatt mit einem Auto unterwegs zu sein.

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