Veloplus-Kundin Sabine Pereira war mit ihrer Familie auf einem Velo-Abenteuer entlang der Rheinroute. Aus dem Familienabenteuer ist ein Film entstanden und im Reisebericht erfährst du alles über diese unvergessliche Reise und wie du dich auf Veloferien mit der Familie vorbereiten kannst.
Reisebericht von Sabine Pereira
Wie alles begann
Am 1. August 2014 unternahmen mein Mann Renz und ich eine Wanderung zum Tomasee. Dort, hoch oben in den Schweizer Alpen, entspringt der Vorderrhein. Zart und klein fliesst er in der idyllischen Landschaft an unserem Zuhause vorbei, bevor er zu einer der meistbefahrenen Wasserstrassen der Welt wird. 1200 Kilometer, durch sechs Länder. Man sagt, das Quellwasser sei drei Wochen unterwegs, bevor es in Hoek van Holland in die Nordsee fliesse.
Die Idee für ein neues Abenteuer war geboren. Wir beschlossen, dem Rhein auf unseren Fahrrädern zu folgen, von der Quelle bis zur Mündung. Das war im Sommer 2014. Nach etwa 400 Kilometern stellten wir fest, dass ich mit unserem ersten Kind schwanger war. Mir war so übel, dass ich fahrradtechnisch die Segel streichen musste.

Letzten Sommer, ein Jahrzehnt später, nahmen wir den Faden wieder auf. Mittlerweile zu fünft fuhren wir von Rheinfelden in Richtung Niederlande. 5 on bikes. Klingt nach einer Party, oder? Begleite uns auf unserer Expedition.
Vorbereitungen
Die Idee schwirrte schon länger in unseren Köpfen umher. Den definitiven Entschluss, die Reise tatsächlich fortzusetzen, fällten wir relativ spontan im Mai 2024. Die Route war gegeben; es sollte entlang dem Rhein gehen. Der EuroVelo15 würde unser steter Begleiter werden. Eine Excel-Liste mit ausführlichen Details zur Route und Übernachtungsmöglichkeiten bestand bereits und musste lediglich auf den aktuellsten Stand gebracht werden.
Ausrüstungstechnisch wollten wir möglichst Dinge nutzen, die wir bereits hatten. Wir wussten schliesslich nicht, ob diese Art von Reisen mit drei Kindern im Alter von vier, sieben und neun Jahren für uns machbar war oder ob wir die Tour nach wenigen Tagen abbrechen oder anpassen würden.

Wir investierten viel Zeit in die Recherche, was tatsächlich mitsoll. Mein Mann und ich nutzten unsere alten Velos, welche wir bereits seit Jahrzehnten hatten. Henry und Viola, unsere beiden älteren Kinder, hatten je ein 24-Zoll Cube Acid, Lilly, unsere Jüngste, fuhr auf dem 16-Zoll Junior. Da sie erst kurz vor der Reise das selbständige Velofahren entdeckte, investierten wir in die Follow-Me Tandemkupplung, die an meinem Velo befestigt wurde. So konnte Lilly, wann immer sie wollte (und es uns sicher erschien), selbst fahren. Mein Mann zog an seinem Velo einen Thule Doppelanhänger, wo die Zeltausrüstung, Kochutensilien und Esswaren Platz fanden. Unsere Ersatzkleider hatten wir in Hinterrad- und Satteltaschen und in den Lenkertaschen bewahrten wir Erwachsenen Kleinzeug auf, die Kinder ihre wenigen Spielsachen.
Die Velos schickten wir im Voraus an unseren Startpunkt, die Anreise erfolgte mit den ÖV und so starteten wir am 29. Juni 2024 in unser Familienabenteuer.
Ein nasser Start
In Rheinfelden nahmen wir unsere Velos in Empfang und bepackten zum ersten Mal die Fahrräder. Dann waren wir tatsächlich unterwegs. Über 1000 Kilometer lagen vor uns. Es fühlte sich surreal an und mich beschlich nebst der Vorfreude Unbehagen, ob wir uns da nicht doch zu viel vorgenommen hatten. Doch die grösste Reise beginnt, so plump es klingen mag, mit dem ersten Schritt.
Der erste Nachmittag war einer der heissesten der gesamten Tour und wir waren froh, hatten wir uns für einen sanften Einstieg entschieden. In Basel übernachteten wir in der Jugendherberge. Am nächsten Tag verliessen wir die Schweiz, touchierten Deutschland, bevor wir die Drei-Länder-Brücke überquerten und nach Frankreich einreisten, wo wir zum ersten Mal auf dieser Reise unser Zelt aufschlugen.

Im Elsass folgten wir dem schnurgeraden Canal du Huningue. Nach dem hitzigen Start war es eine ausgesprochen nasse Woche, einige Male mussten wir aufgrund von Überschwemmungen von unserer Route auf Landstrassen ausweichen.

Das Zelt hielt den widrigen Bedingungen stand und uns stets trocken. Kurz vor Karlsruhe wollten wir mit der Fähre auf das andere Rheinufer übersetzen; aufgrund des Hochwassers wurde der Fährbetrieb jedoch eingestellt, was uns eine grosse Zusatzschlaufe bescherte. Zum Ende der ersten Woche gönnten wir uns ein Hotelzimmer in Karlsruhe; wir wuschen unsere Wäsche, trockneten das nasse Equipment und schauten am Abend Fussball EM.
Das Highlight der ersten Woche war das Aufeinandertreffen mit einer schwedischen Familie, die uns auf den ersten Etappen immer wieder begegnen sollte.
Weinbauregion und der romantische Rhein
Am nächsten Tag fiel der Pegelstand des Rheins just unter die kritische Grenze, so dass wir wie geplant unsere erste Rheinfähre nehmen konnten. Den Campingplatz teilten wir uns dann mit gefühlt einer Million Mücken, welche an der eher nassen Witterung der vergangenen Wochen Gefallen fanden. In Speyer bestaunten wir die weltweit grösste noch erhaltene romanische Kirche. Die Kinder waren begeistert von der Boeing 747, welche vor dem Technikmuseum ausgestellt und schon von weitem sichtbar war. Mannheim liessen wir rechts liegen, auf gut ausgebauten Velowegen streiften wir Ludwigshafen und kühlten uns in Worms in einer Gelateria ab.
Auf der nächsten, langen Tagesetappe fuhren wir durch die wunderschöne Weinbauregion Rheinhessen, wo uns vor allem die malerischen Dörfchen Oppenheim und Nierenstein gefielen. Auf der Zielgeraden zu unserem Hotel in Mainz öffnete der Himmel seine Schleusen und wir wurden klatschnass.

In Mainz legten wir einen ersten Pausentag ein, wo wir den Volkspark und das tolle Sommerwetter genossen. Gestärkt ging es weiter Richtung Bingen-Bacharach. Der Wind bliess heftig, unser Wimpel am Anhänger wurde davongetragen und am Abend hatten wir Bedenken, ob das Zelt der Kraft des Windes standhalten würde. Es ging alles gut, am nächsten Morgen setzten wir die Reise fort, wir beobachteten die Rheinschiffe und trafen unverhofft erneut auf die schwedische Familie, welche einige Tage am gegenüberliegenden Rheinufer entlanggeradelt war. Gemeinsam fuhren wir dem bekannten Loreley-Felsen entgegen, wo wir am Abend campierten und ein üppiges Picknick veranstalteten. Unterwegs konnten wir viele Burgen und Schlösser bestaunen.
Städte und eine Panne
In Spay knackten wir die Kilometer-Halbzeitmarke unserer Reise. Wenig später erreichten wir Koblenz. Beim Zusammenfluss von Mosel und Rhein endete die Reise für unsere schwedischen Freunde. Was für eine Bereicherung die Begegnung war.

Wir kamen in Andernach vorbei, wo sich der grösste Kaltwasser-Geysir der Welt befindet, bevor wir Mozart in Bonn einen Besuch abstatteten. Da es erneut heftig regnete, waren viele Strassen überschwemmt. Ein weiteres Highlight war die grösste Stadt entlang des Rheins, Köln. Mit dem Velo vor dem Kölner Dom vorzufahren, war bewegend.

Das Reiseglück verliess uns nach Köln kurzfristig, als Renz Reifen Luft verlor und wir feststellten, dass das passende Ventil der Pumpe irgendwo unterwegs verloren gegangen war. Der notdürftig reparierte Schlauch hielt nicht lange und zu allem Übel riss auch noch der Mantel. Die Stimmung war merklich abgekühlt; nach einem längeren Fussmarsch zu einem Campingplatz, war uns das Glück jedoch wieder hold. Ein sehr netter Dauercamper fuhr Renz zu einem Baumarkt. Ersatzmaterial wurde besorgt, das Velo geflickt und am nächsten Tag sah die Welt schon wieder besser aus.

Düsseldorf gefiel uns gut, die Radwege waren auch hier bestens ausgebaut und wir konnten grösstenteils abseits vom motorisierten Verkehr unseres Weges ziehen. Duisburg, der grösste Binnenhafen Europas, war nicht gerade eine Perle, doch wir freuten uns, dass die Grenze zu den Niederlanden langsam näher rückte. Unser erst utopisch scheinendes Ziel wurde greifbarer. Gleichzeitig stellten wir fest, dass wir bei weitem noch nicht genug hatten vom Unterwegssein.
Wir erreichen Holland
Woche vier unserer Reise brach an, wir waren unterwegs in Richtung Xanten. Vorher hatte ich noch nie von diesem Ort gehört, doch er sollte uns mit seinem imposanten Dom, der tollen Altstadt und den schönen Seen überraschen. Wir fuhren über Dämme und konnten viele Tiere beobachten, von Vögeln über Hasen zu Schafen und sogar Wasserbüffeln. Nach den Städten fanden wir uns nun in der Natur wieder. Unbemerkt überquerten wir die grüne Grenze und auf einmal befanden wir uns in den Niederlanden.
Wir hatten es tatsächlich aus eigener Kraft mit dem Velo aus der Schweiz bis nach Holland geschafft. Das fühlte sich schon sehr cool an. Weniger cool hat sich der erneute Wolkenbruch angefühlt, welcher den Zeltplatz in Millingen an de Rijn über Nacht in eine Sumpflandschaft verwandelt hatte. Das Zelt hielt wiederum dicht, wofür wir unendlich dankbar waren, jedoch gestaltete sich das Zusammenpacken schwierig. Die Stimmung war nicht gerade ausgelassen, als wir die erste Etappe in Holland in Angriff nahmen, verbesserte sich glücklicherweise schnell, nachdem wir uns in einem Kaffee ein leckeres Frühstück gönnten. Die Gegend rund um Arnhem war ausgesprochen hügelig, was uns überraschte und an zu Hause erinnerte. Während wir die Fahrt durch hübsche Dörfer genossen und sogar durch eine Windmühle fuhren, knackten wir die 1000-Kilometer-Marke.

Exakt vier Wochen nach unserem Aufbruch, am 50. Geburtstag von Renz, erreichten wir Rotterdam. Was für ein Meilenstein.
Ankommen und Heimreisen
Wir gönnten uns erneut einen Pausentag und erkundeten Rotterdam, bevor wir die letzte Etappe in Angriff nahmen. An einem unschuldigen Montag fuhren wir aus Rotterdam hinaus. Der letzte Tag auf dem Velo fühlte sich nicht anders an als die anderen. Wir liessen uns Zeit und die Reise Revue passieren. Nebst einem grossen Glücksgefühl lag auch Wehmut in der Luft, als wir nach 1170 Kilometern im Sattel, 31 Nächten und 99+ Glaces das Meer erreichten.

Rückblick und Ausblick
Wir genossen ein paar Tage auf dem Campingplatz in Hoek van Holland und organisierten den Rücktransport unserer Velos, bevor wir mit dem Nachtzug von Amsterdam zurück in die Schweiz reisten. Am 1. August, auf den Tag genau zehn Jahre nach der Wanderung an den Tomasee, waren wir zurück in Flims. Was für eine ungeplante Synchronität, die uns erst einige Wochen später auffiel, als wir an unserem Film über das Abenteuer arbeiteten (mehr zum Film gibt es weiter unten oder hier).
Das Abenteuer ist etwas, was uns als Familie kollektiv in Erinnerung bleiben wird. Wir sind unendlich dankbar, durften wir diese Reise zusammen erleben. Was für ein Privileg! Natürlich gab es auch Momente, wo es unbequem war, wo wir zusammenrücken und starke Gefühle aushalten mussten. Nicht jeder Kilometer war lustig. Wir kamen jedoch nie an den Punkt, wo wir aufhören wollten. Wir würden uns sofort wieder auf die Velos schwingen und losziehen.
Würden wir rückblickend etwas anders machen? Wir sind sehr zufrieden, wie die Reise vonstatten ging und auch, wie gut unsere Ausrüstung funktionierte. Der EuroVelo15 ist ein idealer Einstieg für Neulinge, wie wir es waren. Er ist gut ausgeschildert und verläuft meistens auf Radwegen, selbst in den grösseren Städten, was vor allem mit Kindern ideal ist. Für eine weitere Reise würden wir als erstes in wasserdichte Packtaschen mit Klick-System investieren.
Unser Film zum Abenteuer
Hast du Lust auf mehr (und Meer)? Dann schau dir doch unseren Film Expedition Rhein – 5 on bikes an.
Mehr Infos zum Thema Veloferien mit der Familie findest du auch im Veloferien-Ratgeber von Veloplus.
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