Das Nordkap als Ziel – die letzten Kilometer

Nordwärts. So heisst das Projekt der Veloplus-Kund:innen Markus und Steffi. Von Zürich geht die Reise ans Nordkap und wieder zurück. Aktuell sind die beiden auf dem Rückweg. Im Reisebericht beschreiben die beiden ihre letzten Tage auf dem Weg ans Nordkap.

Reisebericht von Markus Koller und Stephanie Grehm

Markus und Steffi ein paar Tage vor dem ersten grossen Ziel Nordkap.

Die Nacht wird zum Tag

Mittwoch/Donnerstag, 19./20.07.2023, kurz nach Mitternacht:

Es ist taghell und seit 18 Tagen geht für uns die Sonne nicht mehr unter. Wir machen Pause, noch 10 Kilometer bis zum Nordkap Tunnel. Ziemlich erschöpft suchen wir neben der Strasse zwischen ein paar Felsen Schutz vor dem Wind und stärken uns mit Guetsli. Letzte Nacht verbrachten wir bei Wind und Regen im Zelt auf der wunderschön mystischen Hochebene nach Alta.

Jetzt sind wir seit etwa 12 Stunden unterwegs und radeln bei Niesel- bis stärkerem Regen, Nebel, Wind und Temperaturen von 8-10°C nordwärts. Aber wir sind kurz vor dem (Zwischen-)Ziel und haben schon so viel geschafft und erlebt.

Gerade heute wieder ein schönes Erlebnis: Wir kommen 30 Minuten nach Ladenschluss an einem kleinen Supermarkt vorbei. Also theoretisch ist er geschlossen, aber der Vorhang bewegt sich und die Tür öffnet sich. Eine Verkäuferin streckt den Kopf heraus und fragt, ob wir noch was brauchen, „für Velofahrer wird die Tür nochmal geöffnet, es sind 100 Kilometer bis zum nächsten Supermarkt“! Wir kaufen ein paar Lebensmittel, unsere Bidons werden mit Wasser gefüllt und wir bekommen zusätzlich zwei Waffeln mit Brunost (norwegischer brauner Käse mit Caramelgeschmack) geschenkt. So lieb! Gerade diese kleinen Begegnungen machen eine Veloreise zu etwas ganz Besonderem.

Aber jetzt heisst es für uns noch mal alle Kräfte mobilisieren und in die Pedale treten, der Nordkap Tunnel wartet. Um 01:41 stehen wir am Tunneleingang. Düsen 3km mit einem Gefälle von 7-9 Prozent in die Unterwelt. Der tiefste Punkt des Tunnels liegt 212 Meter unter Meer. Nicht ganz 1 Kilometer eben und dann heisst es mit 7-9 Prozent alles wieder hoch bis wir wieder Tageslicht sehen. So mitten in der Nacht gibt es kaum Verkehr, was das Ganze angenehmer macht. Oben angekommen schlagen wir wenige Meter nach dem Ausgang des Tunnels unser Zelt auf, um bei etwas Schlaf neue Energie zu sammeln.

Die letzten Kilometer

Donnerstag 20.07.2023, Vormittag bis Nachmittag:

Die letzten knapp 50 Kilometer bis zum Nordkap stehen an. Unterwegs lassen wir die vergangenen zweieinhalb Monate seit unserem Start in Zürich Revue passieren. Viele Geschichten, Erlebnisse und Bilder gehen uns durch den Kopf. Wir sind durch die Schweiz, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen geradelt.

Spezielle Begegnungen unterwegs in Norwegen.

In der Schweiz und in Deutschland ging es bei Verwandten und Freunden vorbei. In Dänemark waren wir begeistert von Kopenhagen. Fantastisch, wie viele Menschen dort mit dem Velo unterwegs sind und wie gut das funktioniert. In Norwegen durften wir unglaublich schöne Landschaften bestaunen. Ein Elch ist uns ganz nah gekommen. Die Mitternachtssonne lässt alles in einem wunderschönen Licht erstrahlen und vieles mehr. Mit diesen ganzen Erinnerungen kämpfen wir uns nun die letzten Kilometer zum Ziel.

Es geht hoch und runter, ist neblig und der Wind ist gegen uns. Hinter jedem Hügel hoffen wir die Kugel zu sehen und dann, endlich, am Horizont, ja da ist es, das Nordkap. Wir werden von Autofahrern, Motorradfahrern und entgegenkommenden Velofahrern angefeuert und dann sind wir da. Ein bewegender Moment.

Ein emotionaler Moment: Ankunft am Nordkap nach fast 6000 Kilometern auf dem Velosattel.

Wir haben es geschafft, haben beide Tränen in den Augen und sind glücklich. Sind nicht die einzigen Velofahrer. So toll, wie viele den langen Weg hierher schaffen mit den unterschiedlichsten Beweggründen. Treffen zum Beispiel eine Familie aus Winterthur mit zwei Kindern, Anhänger und Windschattenvelo, die ebenfalls aus der Schweiz bis ans Nordkap gefahren sind. Es ist eine besondere Atmosphäre, hier am Ende der Welt. Und das Beste ist, dass unsere Reise noch lange kein Ende findet.

Vorerst stellen wir unser Zelt am Nordkap auf. Zwei Tage und drei Nächte bei Wind und Nebel, wir geniessen den Spirit dieses speziellen Ortes, schliessen Freundschaften mit anderen Veloreisenden und planen die Fortsetzung unserer Reise.

Atemberaubende Landschaften…
…und Erinnerungen für das ganze Leben.

Unsere Bilanz zur Etappe Zürich – Nordkap:

  • 77 Tage unterwegs, davon 57 auf dem Velo
  • 5772 Velokilometer zurückgelegt, 50’000 Höhenmeter erklommen
  • 322 Stunden im Sattel gesessen. Somit im Durchschnitt pro Velotag 100 Kilometer, 880 Höhenmeter und 5 Std 30 Min reine Fahrzeit
  • 76 Nächte an 60 unterschiedlichen Plätzen verbracht
  • 59x auf der Isomatte geschlafen
  • 17x in einem Bett
  • 947x von Mücken oder Blackflies gestochen worden
  • 26 ‚Circle K‘-Tankstellen in Norwegen besucht und dabei 73 Kaffees getrunken (Coffee Flatrate sei Dank!), Handys und Powerbanks geladen und uns auf dem WC vor oder nach einer Buschnacht erfrischt
  • 9 Gläser Nutella geleert
  • 2 Hinterräder und 2 Ketten ersetzt (je 1 pro Velo)
  • 1 Ortlieb-Haken gebrochen
  • 0 platte Reifen
Einer von 60 Übernachtungsplätzen auf unserer Reise.

Sonntag 23.07.2023:

Das Wetter war während unserer ganzen Zeit am Nordkap praktisch unverändert: Neblig, windig und kühl, was aber unsere Liebe zu diesem Ort keineswegs beeinträchtigt hat. Nun verlassen wir das Nordkap und starten zum zweiten Teil unserer Reise, die uns durch viele weitere Länder in einigen Monaten wieder zurück in die Schweiz bringen wird.

Der Regen und Nebel konnten die Liebe zu diesem Ort keineswegs beeinträchtigen.

Aktuell, Mitte Oktober 2023, befinden wir uns in Ungarn und haben gut 12’000km zurückgelegt. Wer wissen will wie unsere Reise weiterging und weitergeht, kann gerne unserem Reisetagebuch folgen: https://findpenguins.com/stephi/trip/nordwarts

Happy pedaling, Steffi & Markus


Herzlichen Dank an Steffi und Markus für diesen spannenden Reisebericht mit dem tollen Bildmaterial! Wir wünschen euch weiterhin ganz viel spannende Erlebnisse und Abenteuer auf eurem Rückweg vom Nordkap in die Schweiz.


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