Familienveloreise an der Rhone

Veloplus-Kunde David Sidler und seine Familie haben eine abenteuerliche Veloreise der Rhone entlang von der Quelle bis zur Mündung gemacht. Über die spannende Reise erzählen sie in unserem Blog.

Reisebericht von David Sidler

Von der Quelle zur Mündung – der Rhone entlang

Was zu zweit wunderbar geht, sollte doch auch mit der ganzen Familie möglich sein. Im Jahr 2017 probierten wir, Karin Schnyder und David Sidler, mit unseren 3 Kindern Ferien mit Velo und Zelt aus. Die Kinder, damals im Alter von 3, 5 und 7 Jahren, wussten nicht, worauf sie sich freuen konnten. Gespannt packten wir Anhänger, Laufrad, Follow-Me, Kindervelos, ein ausgeliehenes Zelt und alles Weitere für den dreitägigen Kurztrip nach Vitznau. Unterstützt mit Zug und Fähre erreichten wir sichtlich müde unseren Campingplatz. Den regnerischen Ruhetag verbrachten wir im Zelt mit spielen und einem kurzen Ausflug auf die neblige Rigi. Die Rückreise erfolgte bei schönstem Wetter per Velo und Schiff. Den Kindern hats so gut gefallen, dass gleich fürs nächste Jahr eine grössere Reise geplant wurde.

Der Beginn der Reise an der Rhônequelle.

Damit die Begeisterung für Veloferien auf die noch jungen Kinder überspringt, ist eine gute Routenplanung Bedingung. Neben Velo fahren soll genügend Zeit für weitere Erlebnisse und Spielzeit eingeplant sein. Stark befahrene Strassen sollten umfahren werden. Höhenmeter bestmöglich vermieden oder, wenn unumgänglich, mit dem ÖV überwunden werden. Mit all diesen Überlegungen lag eine Flussreise auf der Hand und so entstand das Projekt von der Quelle zur Mündung.

Von der Abenteuerlust gepackt

Seit dem ersten Veloabenteuer und drei Veloabenteuer entlang der Donau sind 5 Jahre vergangen und die Begeisterung hat angehalten. Als sich die Chance ergab, dass die Kinder – inzwischen 8, 10 und 12 Jahre alt – 7 Wochen Auszeit erhalten haben, lag eine Veloreise auf der Hand, am liebsten von der Quelle bis zur Mündung. Die Donau zu Ende zu fahren fiel aufgrund der noch zu bewältigenden Distanz bis ans Meer früh aus dem Rennen. Dazu hätte die politische Lage, die Donau ist der Grenzfluss zur Ukraine, eine Reise mit Kindern verunmöglicht.

Eine neue Route musste her! Die Grundidee blieb: Von der Quelle bis zur Mündung ins Meer. Welcher Fluss eignet sich dafür? Welche Quelle ist von Luzern aus mit ÖV oder Velo gut erreichbar? Rhein, Rhône, Etsch, Po, Ticino, Reuss, Aare…? Die letzten drei Flüsse münden jeweils in einen anderen Fluss und nicht ins Meer. Entsprechend erfüllen sie die Kriterien nicht. Unsere Wahl fiel auf die Rhone – mit Start vor der Haustür!

Die Reise kann beginnen

Die gesamte Strecke vom Rhonegletscher bis nach St. Maries-de-la-Mer beläuft sich auf rund 900 km. In der zur Verfügung stehenden Zeit gut machbar mit unseren Kindern. Da alle Kinder alleine fahren (das Follow-Me haben wir schon länger weitergegeben), sind Strecken von durchschnittlich 40 Kilometern pro Tag geplant. So bleibt viel Zeit für Erkundungen und Badeferien.

Und die Rückreise? Der TGV bietet Platz für maximal 4 Velos. Wir haben aber 5 Velos, 1 Anhänger, 12 Velotaschen, 2 Lenkertaschen… Der TGV ist somit keine Option. Doch welche Alternativen sind möglich? Gemäss der SBB App ist eine Rückkehr in 2 Tagen mit Regionalzügen (TER) möglich. Damit ist die Rückreise zumindest theoretisch gesichert.

Sattelt die Velos auf dem Grimselpass!

So starten wir mit den Velos via Luzern nach Giswil und mit dem Zug auf den Brünigpass. Die Passabfahrt auf der Veloroute Nummer 9 nach Meiringen ist mit ihren üblen Regenrinnen und dem steilen Kiesweg mit vollbepackten Velos und Anhänger eine erste Herausforderung. Daher ist die Glacé in Meiringen wohl verdient (an dieser Stelle besten Dank an die Frau aus dem Kanton Jura, die uns in Hasliberg bei einem Rotlicht Fr. 20.— dafür spendiert hat.). Dank unserer reservierten Veloplätzen (dringend empfohlen!) gehts entspannt zum Grimselpass hoch. Der erste Blick auf die Rhone – im Goms «Rotte» genannt – lässt unsere Herzen höher schlagen. Jetzt geht es richtig los!

Hängebrücke in Mühlebach

Am Rhonegletscher füllen wir eine Flasche mit Wasser und beginnen unsere Reise entlang der Veloroute 1. Zuerst sehr gemütlich in Obergoms, doch schon kurz danach fordern uns die kurzen, aber steilen Aufstiege auf Kies. Ein erstes Highlight ist die Hängebrücke in Mühlebach und das erfrischende Bad im Brigerbad. Nach den kühlen Übernachtungen im Zelt in Oberwald folgt die Gluthitze im Unterwallis – zusammen mit allabendlichen Gewittern. Der tägliche Blick auf den Wetterradar lässt uns teilweise erschaudern. Glücklicherweise bleiben wir vor einem grossen Hagelschauer verschont.

In schwierigen Situationen oder entlang von Strassen fahren die Kinder sehr konzentriert. Doch wenn der Weg auf dem Damm der Rhone entlang führt, so zum Beispiel ab Brig, und sie nicht so sehr gefordert sind, gibt es verschiedene Varianten, die Laune der Kinder aufrecht zu halten. Entweder wir spielen ABC SRF 3, Rucksack packen oder die Kinder repetieren den aktuellen Schulstoff. Oder der Jüngste zählt an einem Tag alle Vögel, am anderen alle Autos, Schiffe… So erreichen wir zügig den Lac Léman.


Unterwegs im Unterwallis

Den Veloweg auf der Veloroute 1 durch die Gegend Lavaux ab Vevey schenken wir uns. Das ewige Auf und Ab ist für uns nicht machbar. So heisst es auf der Hauptstrasse fahren, durchbeissen und gegen den Wind fahren. Bei einer für uns zu kurzen Grünphase einer Baustellenampel verursachen wir ein Verkehrschaos. Auf der einspurigen Fahrbahn treffen die hinter uns fahrenden Autos, auf die in entgegengesetzter Richtungen fahrenden. Wir waren genug schmal zum Passieren und haben den Autofahrern die Lösung des Problems überlassen.

220 Kilogramm Gepäck und 4 Platten

Nach dem Besuch des Olympischen Museums in Lausanne folgt mit 10 Kilometer die kürzeste Etappe auf unserer gesamten Reise. Dafür geniessen wir an diesem Tag die Überfahrt mit dem Schiff nach Évian-les-Bains. Nach einem weiteren Ruhetag in Genève fahren wir ab sofort der ViaRhôna entlang. Die erste Etappe bis zum nächsten Camping ist 50 Kilometer lang und gespickt mit 500 Höhenmetern. Wir verladen unser 220 Kilogramm schweres Gepäck (inkl. Velos und Anhänger) in den Zug, denn Velofahren und Velotouren sollen den Kindern auch weiterhin Freude machen.

Überfahrt nach Évian-les-Bains

Bis Lyon sind es reine Genussfahrten durch wunderbare Landschaften. Dazu überrascht uns der Bienenfresser, eine grosse ornithologische Entdeckung. Einzig der geliebte Anhänger – unser Raumwunder – bereitet uns Sorgen. Während der Kleinkinder-Jahre hatte uns der Chariot Corsaire tolle Dienste geleistet. Ausflüge mit einem Kind, mit zwei/drei Kindern (beladen mit Tretvelo, Bobbycar, Kickboard) aber auch als Transportmittel beim Einkaufen, immer als Gepäckanhänger in den Veloferien und sogar einmal als Krankentransport eines Kindes in den Veloferien – immer ohne Pannen! Doch nun brachte es dieser Anhänger in den ersten knapp 600 Kilometer auf 4 Platten. Gründe genug, um in Lyon neue Pneus und Schläuche zu kaufen.

Den richtigen Weg finden

Praktisch die gesamte Strecke – von der Quelle bis zur Mündung der Rhone – ist sehr gut mit Kindern zu meistern und auch gut ausgeschildert. Ab und zu braucht es einfach ein lautes „Vöre luege!“, damit die Kinder sich aufs Velofahren konzentrieren können. Oder es braucht eine alternative Strecke, um den unterspülten Radweg zu umgehen. Die Strecke direkt nach Genève und die Ausfahrt aus Lyon sind sehr herausfordernd – nicht nur für eine Familie. Trotz sehr guter Ausschilderung übersieht ein Schweizer Paar einen Wegweiser und landet später prompt mitten auf der Autobahn!

Die Rhone brauchte mehr Platz und spülte den Radweg weg.

Seit Lyon bläst uns der vielbeschworene Mistral (Nordwind) so richtig mächtig um die Ohren, respektive um die Felgen. Deshalb kommen wir trotz grosser Hitze schnell voran. So sind wegen eines geschlossenen Campings auch unfreiwillig einmal 78 Kilometer möglich. Doch wehe, wenn der Mistral aufhört zu blasen. Dann ist die Hitze von knapp 40° Celsius unerträglich und jede Abkühlung ein Segen. Und wenn es auch nur die Sprenkleranlage auf einem Maisfeld ist. Um der grössten Hitze aus dem Weg zu gehen, weckt uns der Wecker bereits um 06:00 Uhr. Somit fahren wir hauptsächlich nur noch am Morgen.

Jede Erfrischung ist bei der Gluthitze willkommen.

Der Mistral hat auch seine Schattenseiten. Die heissen Temperaturen und der starke Wind trocknet die Landschaft aus. Wenig südlich von Avignon brennt der Wald und die Löschflugzeuge fliegen über unsere Köpfe. Später beobachten wir am Meer, wie die Flugzeuge direkt im Meer das Löschwasser tanken – sehr eindrücklich. Ab Avignon begleitet uns die Homepage feuxdeforet.fr täglich. Die Trockenheit ist überall spürbar. Den Gaskocher benutzen wir nur noch auf steinigem Boden, damit das Laub resp. das vertrocknete Gras nicht zu brennen beginnt.

Abkühlung von Campingplatz zu Campingplatz

Das Überqueren der Rhone auf wunderbaren alten Hängebrücken ist immer ein Genuss und bietet Blick auf das erfrischende Wasser der Rhone. Dieses ist bis zur Mündung klar und sauber. Praktisch entlang der gesamten Rhone ab Genève darf jedoch nicht gebadet werden (gesetzliches Verbot). Dies würde uns nicht daran hindern, ein erfrischendes Bad zu nehmen. Doch es fehlt auch an einladenden Plätzen mit direktem Zustieg in die Rhone. Dementsprechend dankbar sind wir, dass die meisten Campingplätze einen eigenen Swimmingpool haben. So erholen wir uns am Pool von den Strapazen. Wunderbar sind auch die Zuflüsse zur Rhone. In diesen ist baden unbeschwert möglich und das Wasser herrlich. Speziell erwähnt seien hier die Ain und die Ardèche.

Eher untypisch für eine solche Velotour ist unser Tunnelzelt – unsere Villa. Mit 11 Kilogramm ordeli schwer, aber es bietet grossen Luxus. Nebst dem unterteilbaren Schlafbereich bietet es ein grosses Vorzelt. Darin kann das gesamte Gepäck verstaut werden und es bleibt noch viel Platz um gemeinsam zu essen, zu spielen oder als Aufenthaltsraum bei Regen. Verstaut im Anhänger ist das Gewicht und der Platzbedarf auch nicht mehr gross spürbar. Ergänzt wird dieser Luxus dieses Jahr mit einem zusätzlichen Tarp. In der Schweiz als Hagelschutz genutzt, dient es uns im Süden als willkommener Schattenspender.

Wenig Schatten – da ist das Tarp von unschätzbaren Wert.

Kurz vor Avignon häufen sich die Überlandfahrten. Somit fehlt die kühlende Wirkung der Rhone. In Arles beginnt das Rhonedelta – die Camarque. Die ViaRhona teilt sich hier auf. Eine Route führt der Petit Rhone entlang, westlich nach Sète. Der andere Weg führt uns weiter südlich in Richtung Mündung. Noch fehlen uns rund 50 Kilometer. Ab Arles ist der Einfluss des Deltas gut spürbar. Es ist viel feuchter, die Felder sind üppig bewachsen und es wird sogar Reis angepflanzt. Die letzten Kilometer bis zum Meer sparen wir uns für den nächsten Tag auf. Entlang von Salzseen und ersten Flamingos erreichen wir tief beeindruckt und glücklich das Meer. Ein Fussmarsch von ungefähr 7 Kilometern dem Strand entlang trennt uns jedoch noch von der effektiven Mündung. Unser Ziel ist erreicht und das Wasser aus der Rhone wird wieder dem Wasserkreislauf zugeführt.

Unser Ziel ist erreicht und das Wasser aus der Rhône wird wieder dem Wasserkreislauf zugeführt.

Applaus im Zug

Das Rhonedelta ist ein Naturparadies: Salzseen, karge Felder, verschiedenste Vögel und Flamingos zu Hauf. Einzig der Gegenwind stört unsere Idylle auf der Fahrt nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Nach einigen Tagen Badeferien geht es westwärts weiter. Die Rückfahrt war ursprünglich ab Montpellier geplant. Da wir noch einige Tage mehr Zeit haben, fahren wir in entgegengesetzter Richtung nach Agde. Ein Glück, denn in Montpellier hätten wir mit unserem Gepäck im TER Zug nach Avignon keinen Platz mehr gehabt.

So erkämpfen wir mit grossem Herzklopfen und der bangen Frage, ob alle von uns einsteigen können, den letzten Platz im Zug. Einzelne Fahrräder von Mitreisenden sind dabei im WC abgestellt. Beim Umsteigen in Avginon stellt sich heraus, dass im Zug nach Lyon keine Anhänger mitgenommen werden dürfen. Innert 2 Minuten steht deshalb kein Anhänger mehr auf dem Perron: nur noch grosse Taschen, das Zelt und einen zusammengeklappten Anhänger. Hoch leben die IKEA-Taschen! Die zuschauenden Mitreisenden staunen nicht schlecht und applaudieren uns sogar dazu. Im Zug haben wir anschliessend genügend Platz, aber für die Veloreisenden ab Valence wird der Zugang zum Zug gesperrt. Fazit für Velotransporte: Wenn möglich bei Startbahnhöfen einsteigen. Die Rückreise via Lyon und Genève erfolgt ohne Schwierigkeiten. Müde, aber entspannt steigen wir in Luzern aus, um die letzten Meter nach Hause unter unsere Räder zu nehmen.

So endet unser Abenteuer erfolgreich, gesund und mit unbezahlbaren Erlebnissen. Es gibt nichts Schöneres, als mit der Familie ein solches Abenteuer zu erleben.


Veloplus sagt Danke für diesen tollen Familien-Reisebericht und es freut uns, dass wir euch auf dieser Abenteuer-Veloreise mit unserem Zubehör unterstützen konnten!


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7 Kommentare

Stefan B
13. Januar 2023

Wir hatten auch einen solchen Anhänger. Auf einmal hatten wir damit in kurzer Zeit mehrere Platten bzw. massiv abgenützte Reifen. Ich kam zum Schluss, dass die Räder möglicherweise nicht mehr genau parallel ausgerichtet sind. Nach einer Reparatur (ich weiss nicht, was da genau gemacht wurde) war das Problem behoben.

Isabelle
9. April 2023

Wäre es möglich einen Kontakt der Familie Sidler tu erhalten? Eir planen eine ähnliche Reise und wären an einem Wissensaustausch interessiert.

    Veloplus – Béla Brenn
    12. April 2023

    Guten Tag Isabelle
    Ich leite dir die Kontaktangaben nach Absprache mit der Familie Sidler direkt an deine Mailadresse weiter.
    Freundliche Grüsse
    Béla Brenn

Benjamin Frei
28. Dezember 2023

Hallo Béla

Wir planen für diesen Sommer genau diese Reise. Wäre es möglich mit der Familie Siedler in Kontakt zu treten?
Vielen Dank

Liebe Grüsse

Ben

    Veloplus – Seraina Manser
    3. Januar 2024

    Hallo Ben
    Danke für deine Anfrage. Ich schaue, was sich machen lässt und melde mich gerne per Mail bei dir.
    Liebe Grüsse Seraina und das ganze Veloplus-Team

Luzia
11. April 2024

Liebes Veloplus-Team.
Auch wir radeln in zwei Wochen für diese Reise los. Falls das möglich ist wären wir auch an einem Infoaustausch mit der Familie Sidler interessiert. Liebe Grüsse und Danke

    Veloplus – Seraina Manser
    18. April 2024

    Liebe Luzia

    Ich habe dir per Mail den Kontakt von David Sidler weitergeleitet. Du darfst dich gerne bei ihm melden.

    Liebe Grüsse das Veloplus-Team

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