Zum Start in den neuen Lebensabschnitt – alleine mit dem Velo nach Spanien

Veloplus-Kundin Martina Joller hat nach ihrer Pensionierung ein grosses Abenteuer gestartet und ist alleine mit dem Velo nach Spanien. Für Veloplus hat sie von diesem einmaligen Erlebnis einen Reisebericht geschrieben. Sie berichtet über spannende Bekanntschaften, einzigartige Landschaften und Städte und wie es ist, alleine so eine Reise durchzuführen.

Reisebericht von Veloplus-Kundin Martina Joller

Vor gut einem Jahr – im Sommer 2021 hat für mich mit dem Eintritt ins Pensionsalter ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Ein besonderer Moment, der mit Wehmut verbunden war, da ich sehr gerne berufstätig war. Aber auch mit viel neuer Freiheit, die ich nutzen wollte, solange ich gesund und fit bin. Also habe ich im Sommer 2022 meine Wohnung in der Schweiz aufgegeben und meinen Hausrat in einer Lagerhalle deponiert.

Mit der Karte und dem Reiseführer daheim planen ist eine Sache, dann aber tatsächlich allein unterwegs sein, eine andere.

Reisen per Velo habe ich schon immer gerne gemacht und weil ich Spanien besser kennenlernen wollte und vor allem mein Spanisch verbessern wollte, war das Ziel klar. Gemächlich in kleinen Etappen wollte ich mein Ziel, Huelva in Andalusien, per Velo, Zug und Bus erreichen und zwar von meinem Wohnort aus in Brunnen im Kanton Schwyz. Mein Velo – namens Burrito, hat mir ein befreundeter Velokonstrukteur gemäss meinen Wünschen zusammengebaut.

Bei Veloplus habe ich es dann noch weiter perfektioniert mit passendem Sattel, bequemen Griffen und….. vor allem mit den super Marathon Schwalbe Pneus. Ich kann es hier vorwegnehmen auf der ganzen Strecke – immerhin 2000 km –  hatte ich keinen einzigen Platten und der Sattel hat sich bestens bewährt. Unterwegs habe ich mein Burrito einige Male in die kundigen Hände eines Velomechanikers gegeben für einen gründlichen Service, was sich gelohnt hat.

Aufbruch ins Ungewisse

Mitte Juni 2022 bin ich, für die ersten drei Tage begleitet von meiner lieben Freundin Romy, Richtung Genf gestartet und dann der wunderbaren Via Rhona entlang ans Mittelmeer geradelt.  Von Lausanne bis Genf hat mich Kollege Werner ein paar Kilometer begleitet. Ab Genf gings aber definitiv solo weiter. Mit der Karte und dem Reiseführer daheim planen ist eine Sache, dann aber tatsächlich allein unterwegs sein, eine andere. Das habe ich schnell gemerkt, vor allem als ich zum x-ten Mal meine Unterkunft nicht gefunden habe oder mich sonst irgendwo hin verirrt hatte. Aber dabei lernt man ja offenbar am meisten.

Hitzesommer und Waldbrände

Der Hitzesommer machte mir zu schaffen und einige Etappen bei über 40 Grad wurden zur Tortur. Auch musste ich wegen der riesigen Waldbrände in der Region Bordeaux meinen Plan, entlang des  Kanals du Midi und des Garonne Kanals zum Atlantik zu radeln, ändern.  Durchschnaufen und mich erholen durfte ich mich eine Woche lang bei meiner Patentochter Eva Maria,  die in der Nähe von Toulouse mit ihrer Familie lebt. Von Toulouse nach Biarritz bin ich per IC-Zug gefahren.

Wunderschöne Landschaften in Spanien.

Von dort aus erreichte ich dann San Sebastian wieder per Velo und war endlich in Spanien. In San Sebastian habe ich dann fast einen Monat verbracht und die wilde Atlantikküste und die besondere Atmosphäre dieser baskischen Stadt mit ihrem reichen kulinarischen Angebot sehr genossen.

Vino, Bici und viel Kultur

Ende August 2022 ging es dann per Bus nach Zamora. In Spanien tun sie sich leider schwer mit dem Velotransport im öffentlichen Verkehr. Eigentlich müsste man in den Zügen und in den Bussen das Velo immer auseinandernehmen und verpacken. Aber einige sind auch zufrieden, wenn nur das Vorderrad abmontiert wird. Obwohl ich alles so gemacht hatte, wie mir die freundliche Dame am Schalter des Busbetriebs ALSA gesagt hat (Demontage des Vorderrads und Einpacken des ganzen Velos in Plastik, ich habe mir sogar Luftpolsterfolie besorgt) wollte mich dann der schlecht gelaunte Buschauffeur frühmorgens fast nicht mitnehmen mit dem Velo und es brauchte einiges an Verhandlungsgeschick und gute Nerven, bis ich und mein Burrito endlich im Bus waren.

Plaza Mayor Salamanca.

Im Internet habe ich bereits auf der Reise zufällig eine Reiseagentur in Salamanca entdeckt, die einen Support bietet für die Eurovelo-Route Nr. 1 durch die Weinregionen Navarra, Kastilien und Leon und die Estremadura. „Experiencias con la bycicleta y el vino auf der Eurovelo 1“ das klang doch gut, fand ich und ich habe darum bereits in Frankreich Kontakt aufgenommen mit Rosa Ana Centeno Garcia, der Besitzerin der Agentur Global Spain Travel in Salamanca. Und dies erwies sich als absoluter Glücksgriff. Ich war zwar nach wie vor allein unterwegs auf dem Velo, sie hat mir aber in all den wunderbaren Städten, wo ich Halt gemacht habe, die Übernachtung und die Abendessen organisiert und was noch wichtiger war, auch Führungen mit sehr guten Guides. So habe ich sehr viel erfahren über die Geschichte und Kultur und konnte nebenbei auch noch mein Spanisch üben, da die Führungen alle auf Spanisch waren.

Die Etappe durch Spanien begann im wunderschönen Zamora am Duero und endetet in Zafra, dem kleinen Sevilla, in der Estremadura. Die Velofahrt ging mehr oder weniger immer der Via de la Plata entlang, der NR 630, die von Gijon bis nach Sevilla führt und die in umgekehrter Richtung auch ein wichtiger Pilgerweg nach Santiago de Compostela ist. Sie ist mit einem komfortablen breiten Velostreifen ausgestattet. Es waren unvergessliche Etappen, die mir zum Teil wegen der Hitze aber auch wegen der unglaublichen Einsamkeit in dieser kargen Landschaft auch einiges abverlangten.

Es gab Tage, da kam mir vielleicht nur ein einziger Velofahrer (Velofahrerinnen habe ich keine angetroffen) entgegen und da die NR 630 in der Nähe der Autobahn Richtung Sevilla verläuft, hatte es auch sehr wenig Verkehr, was angenehm war. Die spanischen Autofahrer verhalten sich lobenswert, sie warten geduldig, bis sie mit genügend Abstand überholen können. Es ist allerdings auch so, dass sie eine gehörige Busse zahlen würden, wenn sie beim prekären Überholen von der Polizei erwischt würden.

Weingut in der Estremadura.

Ein schöner Kontrast zu den einsamen Velofahrten waren die Aufenthalte in den wunderbaren Städten und Städtchen, die zum Teil zum Unesco Weltkulturerbe gehören. Zamora, Salamanca, Plasencia, Caceres, Merida sind alles wundervolle Orte mit einer grossen historischen und kulturellen Vielfalt. Und ja, die Reise stand ja auch unter dem Motto „Bici und vino“. So übernachtete ich auch einmal in einem Hotel mit Bodega, das aber total am Ende der Welt in der Estremadura lag und nur über eine holprige Schotterstrasse erreichbar war. Und ich war auch in ganz kleinen Orten, z.B. im wunderschönen Bergdorf Candelario in den Bergen in der Sierra de Bejar oder im Städtchen Casar de Caceres, wo ich die wunderschöne Landschaft der Estremadura geniessen konnte.

Für mich als Alleinreisende im doch etwas fortgeschrittenen Alter war es sehr angenehm, dass ich regelmässig Kontakt mit der wunderbaren Reiseleiterin Rosa Ana, hatte, die sehr zuverlässig war und sich jeweils erkundigt hat, ob alles ok ist. Obwohl ich weder eine gröbere Panne mit dem Fahrrad noch einen Unfall hatte, war es doch recht beruhigend zu wissen, dass falls nötig, Hilfe vorhanden wäre.

Weiter bis nach Portugal

Ab Zafra, ca. 180 km vor Huelva ging es für mich wieder auf eigene Faust weiter, immer der Eurovelo Nr. 1 nach über bergiges Land nach Zufre, dann zu den Minen von Riotinto und schliesslich über die Via Verde Molinas y Agua nach Huelva. Zum zweiten Mal erreiche ich nun auf meiner Reise den Atlantik.

Von Huelva, wo ich ausgiebig Pause an den schönen Stränden gemacht habe und auch noch lieben Besuch von Marlis und Joe aus der Schweiz bekommen habe bin ich noch eine Woche lang der wunderbaren Algarve entlang bis nach Sagres gereist. Zurück nach Spanien ging es mit dem hübschen kleinen Zug entlang der Algarve, notabene mit grossem Veloabteil.

Auch wenn es hie und da schwierige Tage gab, an denen ich mich aufraffen musste, wieder aufs Velo zu steigen, habe ich es nie bereut und habe auch nie daran gedacht, aufzugeben.

Mit den signalisierten Velowegen in Spanien und Portugal ist das so eine Sache, sie können super, fast übertrieben ausgebaut und signalisiert sein, aber plötzlich können sie auch im Nichts enden. Und dann heisst es wieder sich durchzufragen und zu hoffen, dass ein freundlicher ortskundiger Velofahrer vorbeifährt und hilft. Oder eine Velo- und Fussgängerbrücke ist gesperrt und man kommt nur über die Autobahn ans andere Ufer. Und da ist es herrlich, wenn einem ein freundlicher Autofahrer samt Velo ans andere Ufer bringt, wie es mir passiert ist. Das sind dann absolute Highlights der Hilfsbereitschaft.

Meine zweite Heimat Spanien

Auch wenn es hie und da schwierige Tage gab, an denen ich mich aufraffen musste, wieder aufs Velo zu steigen, habe ich es nie bereut und habe auch nie daran gedacht, aufzugeben. Nicht einmal, als ich mich einmal auf die Autobahn verirrt habe, was ein grosser Schreckmoment war  – gottlob ist es gut ausgegangen. Ich werde aber nie mehr spöttisch lachen, wenn ich in den Verkehrsmeldungen höre, dass sich ein Velofahrer auf die Autobahn verirrt hat.

Es war ein unglaubliches Erlebnis, das ich nie vergessen werde. 

Ich habe Spanien auf eine Art und Weise kennengelernt, wie es per Auto nie möglich gewesen wäre, die vielen netten spontanen Begegnungen unterwegs, die unglaublich hilfsbereiten Menschen, die Landschaften die ich hautnah in einem gemächlichen Tempo durchlebt habe. Es war ein unglaubliches Erlebnis, das ich nie vergessen werde.  Ich habe die grosse Freiheit genossen, wenn mir ein Ort gefiel, konnte ich auch gut ein paar Tage länger bleiben. Ich war nicht unter Druck, möglichst viele km pro Tag zu schaffen, sondern konnte mir Zeit und genügend Erholung gönnen.

Ende Oktober ging es dann in gemächlichem Tempo mit der Fähre in 30 Stunden bis Teneriffa, wo ich bis im Frühjahr 2023 bleibe und dann per Frachtschiff nach Hamburg reise und von dort mit dem Velo heim radeln werde. Es würde mir seltsam vorkommen, mich nach der langen Reise ins Flugzeug zu setzen und in 5 Stunden zurück in die Schweiz katapultiert zu werden.

Hinweis zu der Organisation Global Spain Travel: www.globalspaintravels.com
Rosa Ana Centeno Garcia
Salamanca, Espana


Besten Dank an Martina Joller für diesen tollen Reisebericht und herzliche Gratulation zu dieser grossen Leistung!


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4 Kommentare

Jean-Pierre
6. November 2022

Vielen Dank für deinen super Bericht. Und schön das dich „mein“ Velo nie im Stich gelassen hat
Gruss, der befreundete Velokonstrukteur

Doro Staub
8. November 2022

Liebe Martina
Was für ein toller Bericht! Er hat mich an meine Wanderung auf der Via de la Plata erinnert und richtig Lust auf eine Velotour durch Spanien gemacht.
Ich hoffe, dass es mit unserem gemeinsamen Pedalen in Italien dann doch noch irgendwann klappt 🙂
Danke und herzliche Grüsse,
Doro

Sylvia Schranz-Kessel
18. November 2022

Toller Bericht Martina! Danke tuusig. Natürlich gehörte ich zur glücklichen Community denen du täglich deine Berichte in „Polarsteps“ veröffentlich hast. Du bist wirklich sehr mutig und ich bewundere Dein Durchhaltevermögen. Geniesse jetzt die Zeit auf Teneriffa und dann die weiterführende Reise….. bis dann – nächsten Sommer in Brunnen! Freue mich!

Daniela
1. August 2023

Liebe Martina
Nun hab ich deinen Bericht mit grossem Interesse gelesen und weiss etwas mehr, wie es dir während dieses Abenteuers ergangen ist. Danke noch für den Tipp gestern- sehr spannend. Gerne erfahre ich mal noch ein paar Details. Bis hoffentlich recht bald wieder besitos y un abrazo daniela

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