Die halbe Wahrheit der Unfallstatistiken

Die Debatte um die Helmpflicht läuft wieder auf Hochtouren. Schockierende Unfallzahlen werden publiziert um der Helmpflicht den Weg zu ebnen. Natürlich: jeder Unfall ist einer zu viel. Dennoch hat die Sache mit den Unfallzahlen einen grossen Haken.

Bereits vor einem Monat hat Veloplus über die Debatte um die Helmpflicht berichtet. Der Beitrag hat grosse Wellen geschlagen und auch Tage danach kamen neue Kommentare auf unserem Blog. In den Kommentaren hat sich gezeigt, wie polarisierend dieses Thema wirkt.

Ein Argument für die Helmpflicht, dass immer gerne verwendet wird sind die steigenden Unfallzahlen. Doch was hat es mit diesen Zahlen auf sich? Ein sehr spannender Artikel von Felix Schindler im Infosperber zeigt auf, dass man bei diesen Zahlen sehr genau hinschauen muss.


Artikel Infosperber vom 26. September:

https://www.infosperber.ch/Umwelt/E-Bikes-Unfallstatistiken-sagen-bloss-die-halbe-Wahrheit

E-Bikes: Unfallstatistiken sagen bloss die halbe Wahrheit

Felix Schindler / 26. Sep 2020 – Immer mehr getötete E-Bike-Fahrer, immer mehr Schwerverletzte. Der Bund impliziert, dass E-Bike-Fahren gefährlicher wird. Zu Recht?

Zwei Mal pro Jahr liefert das Bundesamt für Strassen (Astra) die Zahlen der Verkehrsunfallstatistik – und seit Jahren sind die Fahrer und Fahrerinnen von Velos mit elektrischer Unterstützung die Sorgenkinder der Verkehrssicherheitsexperten. So widmet sich die Medienmitteilung von letzter Wocher auch keinem Verkehrsteilnehmer so stark wie dem E-Bike-Fahrenden.

Nun wissen wir: In der ersten Hälfte dieses Jahres sind 207 Elektrovelo-Fahrer/innen schwer verletzt worden, mehr als doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren (+258 Prozent). Und das Astra schreibt auch: Besonders bei den schwer verunfallten E-Bike-Fahrenden «sind 20 Prozent der durch diese verursachten Unfälle auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen». Im Jahr zuvor seien das bloss 8 Prozent gewesen.

Kurz: Die Unfälle nehmen zu – und die Ursache ist immer häufiger zu schnelles Fahren. Der naheliegende Schluss dürfte für die meisten lauten, dass E-Bike-Fahren immer gefährlicher wird und Elektrovelo-Fahrende selbst daran schuld sind. In derselben Medienmitteilung erklärt das Astra, der Bundesrat wolle die Sicherheit von E-Bike-Fahrenden nun mit mehreren Massnahmen verbessern, etwa mit einer Helmpflicht für langsame E-Bikes. Und die Medien machen daraus Titel wie: «Hauptproblem Geschwindigkeit: Mehr schwere Unfälle mit E-Bikes» (thunertagblatt.ch). Alles passt perfekt zusammen.

Viele Zahlen, kein Kontext

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn in der Statistik fehlen mehrere Informationen, die wichtig wären, um diese Zahlen besser einordnen zu können.

  1. Nicht nur die Zahl der Unfälle mit Elektrovelos hat zugenommen, sondern auch die Zahl der Elektrovelo-Fahrenden. Wie stark? Ganz genau kann man das nicht sagen, aber es gibt belastbare Indizien: 2016 gab es in der Schweiz ungefähr 330’000 E-Bikes, heute sind es rund 750’000. Vergleicht man also die Entwicklung des E-Bike-Bestandes und jene der Unfälle mit schwerverletzten E-Bike-Fahrenden, sieht man eine nahezu perfekte Korrelation.

Der Bestand der Elektrovelos und die Zahl der Unfälle korrelieren fast perfekt. (Daten: Astra, Velosuisse, Mikrozensus Mobilität; Grafik: fxs)

So tragisch jeder einzelne dieser vielen Unfälle ist: Es ist mindestens wahrscheinlich, dass die Zunahme in allererster Linie damit zu tun hat, dass immer mehr Menschen E-Bikes fahren. Das Astra verliert über diesen Zusammenhang kein einziges Wort.

Warum nicht? «Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) erhebt keine statistischen Angaben zu den Veloverkäufen und den zurückgelegten Strecken. Dies erfolgt durch Dritte», sagt Astra-Sprecher Guido Bielmann auf Anfrage.

Unfallrisiko ist möglicherweise sogar gesunken

  1. Besonders markant zugenommen haben die Unfälle im Vergleich zur Vorjahresperiode, nämlich um 40 Prozent. In der ersten Hälfte dieses Jahres wurde in der Schweiz so viel Velo gefahren wie noch nie. Der Autoverkehr ist eingebrochen, das Velofahren war auf den leeren Strassen so attraktiv wie kaum je zuvor. Ein Forschungsprojekt der ETH zeigte, dass sich während des Lockdowns die zurückgelegten Tagesdistanzen fast verdreifacht haben. Es ist also mindestens wahrscheinlich, dass die Unfälle mit Schwerverletzten weniger stark gestiegen sind als die gefahrenen Kilometer. Das würde heissen, dass das Risiko zu verunfallen sogar gesunken ist. Und wieder: Das Astra verliert über diesen Zusammenhang kein einziges Wort.

Ins Bild passt, dass in der ersten Jahreshälfte auch die Zahl der verletzten Autofahrer zurück ging (minus 17 Prozent) – und ebenso die Zahl der verletzten Fussgänger (minus 29 Prozent), die fast immer bei Kollisionen mit Autos schwer verletzt oder getötet werden. Durchaus bemerkenswerte Veränderungen – doch das Astra beschränkt sich darauf, auf E-Bike-Fahrende einzugehen.

Astra verbreitet irreführende Zahlen

  1. «Häufigste Unfallursache bei den schwer verunfallten Personen ist die nicht angepasste Geschwindigkeit», schreibt das Astra – und zwar «besonders» bei E-Bike-Fahrenden. Immerhin 20 Prozent der Unfälle, die E-Bike-Fahrende verursacht haben, gehen darauf zurück, 2019 waren es nur 8 Prozent. Nur: 20 Prozent von was? Wie viele Unfälle wurden von E-Bike-Fahrenden verursacht? Auch hier: Kein Wort in der Medienmitteilung. Auf Rückfrage erklärt Astra-Sprecher Bielmann, 33 Unfälle seien auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen. Im Vorjahr sei die häufigste Ursache das Missachten des Vortritts gewesen. Eine Erklärung für diese Zunahme gibt es auch auf Anfrage nicht. Trotzdem ist für das Astra klar, welche Schlüsse aus diesen Zahlen gezogen werden müssen: «Es ist wichtig, dass die E-Bike-Fahrenden gut sichtbar sind», so Bielmann.

Die 33 Unfälle dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden – aber belegen sie einen Trend? Die Aussagekraft einer Stichprobe in dieser Grösse ist sehr fraglich, insbesondere wenn man den starken Anstieg der Velofahrenden berücksichtigt. Auch hier kein Wort zu den Zusammenhängen.

Der Vergleich der absoluten Zahlen zeigt, dass es im letzten Jahr auch andere bemerkenswerte Veränderungen gab. (Daten: Astra; Grafik: fxs)

Zweifel an der Zuverlässigkeit von Polizeirapporten

  1. Und nochmal zum selben Zitat: «Häufigste Unfallursache (…) ist die nicht angepasste Geschwindigkeit». Die Statistik basiert auf Polizeirapporten, in denen der zuständige Polizist die Resultate seiner Ermittlungen wiedergibt. Astra-Sprecher Guido Bielmann erklärt, die Polizei prüfe sie Situation und stütze sich auf Erfahrungswerte ab. «Zum Beispiel erbringen Bremswege und Kurvendynamik Erkenntnisse über den Hergang eines Unfalls», sagt Bielmann. Nur: Der Polizist kommt immer erst zum Unfallort, nachdem er geschehen ist. Der Hergang wird durch Zeugenaussagen und Beweismittel rekonstruiert. Die Abgrenzung ist aber nicht immer einfach. Ob jemand zu wenig aufmerksam oder zu schnell gefahren ist, kann unter Umständen genau dieselben Folgen haben. Wir müssen uns also einfach darauf verlassen, dass der Polizist die Situation korrekt erfasst hat.
  2. Gar keine Aussage macht die Statistik darüber, ob und wenn ja mit wem die E-Bike-Fahrenden kollidiert sind. Laut der holländischen Unfalldatenbank «The Crashes» sind 89 Prozent der getöteten Radfahrer in Holland mit einem Auto kollidiert. Das heisst nicht, dass die Autofahrer auch immer schuld waren, aber es erklärt, warum Unfälle mit Radfahrern derart gravierende Folgen haben. Das Astra verliert über diesen Zusammenhang kein einziges Wort.
  3. Die Massnahmen, die das Astra in derselben Medienmitteilung zur Steigerung der Verkehrssicherheit bewirbt, sind durchaus umstritten. Insbesondere die Helmpflicht für langsame E-Bikes – so viel ist klar, würde keine einzige Kollision verhindern und könnte, so die Erfahrungen aus anderen Ländern, die Kosten für die Allgemeinheit sogar noch erhöhen statt sie zu senken. Auch hierzu: Kein Wort. Mehr dazu im Infosperber-Artikel Helmpflicht mit Nebenwirkungen.

Natürlich, das Astra muss diese Zusammenhänge nicht kommunizieren, und es gäbe auch wenig Gründe, sich lange damit aufzuhalten – wenn das Astra nicht eben doch kommentierte. Die Medienmitteilung leistet Spekulationen Vorschub und macht gleichzeitig Werbung für eine umstrittene Helmpflicht. Denn der naheliegende Schluss, dass E-Bike-Fahren immer gefährlicher wird und die Fahrer und Fahrerinnen einen Hang zur Raserei haben, wird in dieser Statistik nirgends belegt. Die Schweizer Fachstelle Velo und E-Bike interpretiert das laut einer Mitteilung so: «Das ASTRA will mit einseitiger Unfallzahlenmeldung den Boden für die Helmpflicht ebnen.


Weiterführende Links:

44 Kommentare

Dani
2. Oktober 2020

Es ist vollkommen unglaubwürdig, dass die ‚nicht angepasste Geschwindigkeit‘ die Hauptursache der steigenden Unfallzahlen sei. das ist klar keine Analyse, sondern eine velofeindliche Kampagne. Wie viele Unfälle wurden durch völlig untaugliche Verkehrsplanung verursacht? Gibt es dazu Zahlen? Ich bin überzeugt die meisten Unfälle, zumindest in den Städten, geschehen weil Velos buchstäblich an den Rand gedrängt werden und Fahrradwege konsequent immer dann aufhören, wenn sie am meisten gebraucht werden.
25km/h ist sicher keine hohe Geschwindigkeit, das Gefährliche daran ist eher dass sie niedriger ist, als diejenige der anderen motorisierten Verkehrsteilnehmer mit denen man denselben knappen Raum teilt. Die Enge wird insbesondere bei den vielen Überholmanövern zum Problem.
Die generelle Helmpflicht ist komplett die falsche Massnahme, sie verhindert keinen einzigen Unfall, ausser über den indirekten Effekt, dass damit das Velofahren wieder unattraktiver gemacht wird und somit weniger Velos wirklich genutzt werden. Dieser Zusammenhang wurde schon mehrfach nachgewiesen und wahrscheinlich ist das die eigentliche Absicht des Astra: Weniger Velos auf den Strassen, damit sie den Autos nicht den Platz streitig machen.

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hoi Dani
    Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Wir sehen einige Punkte sehr ähnlich wie du. Die Velo-Infrastruktur ist nicht ausreichend und Velos erhalten auf den Strassen nicht den Raum, der für eine optimale Sicherheit nötig wäre. Das führt immer wieder zu gefährlichen Situationen und Unfällen. Auch wir glauben deshalb, dass man zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und Verhinderung von Unfällen nicht bei der Helmpflicht ansetzen sollte, sondern das Problem am Ursprung bekämpfen muss und die grundlegende Infrastruktur so ausbauen sollte, dass das Fahrrad als sicheres und attraktives Verkehrsmittel gefördert wird.
    Freundliche Grüsse, dein veloplus-Team

Peter Bigler
2. Oktober 2020

Hallo
Schon mit dem gewöhnlichen Velo benutzte ich einen Helm und jetzt mit dem E-Bike natürlich auch noch.
Finde es einfach sicherer einen Velohelm zu tragen.
Velofahrer werden gar oft von Autofahrern übersehen.
MfG Peter Bigler

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hallo Peter
    Danke für dein Feedback. Sehr gut, dass du deinen Velohelm benutzt. Der Velohelm schützt den Kopf und kann bei einem Unfall helfen die Folgen des Sturzes zu vermindern. Er kann jedoch nicht den Unfall selbst verhindern. Deshalb setzt sich Veloplus stark dafür ein, dass der Fokus vor allem auch auf die Prävention von Unfällen durch den Ausbau der Velo-Infrastruktur gelegt wird. Die Schlussfolgerung, dass Unfälle verhindert werden und die Sicherheit durch eine Helmpflicht gewährleistet ist, greift in unseren Augen etwas zu kurz.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Norbert Bessire
2. Oktober 2020

Die Angaben ASTRA sind gefärbt, wenig recherchiert und deshalb völlig tendenziös. Ich bin mit einem 25km/h e-bike viel unterwegs und stelle fest, dass die meisten Fahrerinnen und Fahrer deutlich unter 25km/h unterwegs sind. Weshalb? Das fahren über 25km/h ist sehr mühsam. Da doch ein grosser Anteil der FahrerInnen etwas älter sind, oft Neueinsteiger und nicht unbedingt mit überdurchschnittlicher Kondition sind, ist die Rede von übersetzter Geschwindigkeit nicht sehr praxisnah.
Allerdings stelle ich fest, dass Unsicherheit mangels Erfahrung oft im Spiel ist. Mein Tipp dazu: Fährt das bike mit angepasster Geschwindigkeit bis 25km/h, jedoch so viel wie möglich! Das gibt Sicherheit und Erfahrung!

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hallo Norbert
    Danke für deinen Kommentar und den guten Tipp. Wenn ein Fahrrad oft und mit angepasster Geschwindigkeit benutzt wird erhöht sich auch massgeblich der sichere Fahrstil.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Tobias Bachmann
2. Oktober 2020

Für mich unverständlich wieso E-Bikes mit gelber Nummer und klar hohem Tempo (>30km/h) auf schmalen Velostreifen, keine Helmpflicht haben. Im Vergleich muss jedes Töffli (max 30km/h) mit Integralhelm gefahren werden.
Richtig, kein Helm der Welt verhindert einen Unfall. Ich fahre seit 30 Jahren Motorrad und ich weiss aus leidlicher eigener Erfahrung, dass mir meine Schutzausrüstung eine wesentlich besser Ausgangslage bringt, wenn es zum Ärgsten kommt. Wieso sperren wir Biker uns so gegen ein Obligatorium, Astra Zahlen hin oder her?
Die Statistik oben zeigt klar sinkend Unfallzahlen bei Motorrädern obwohl die Zulassungszahlen steigen. Irgend etwas wird da richtig gemacht…. Ausbildung, Schutzausrüstung? Ich sehe da klar Aufholbedarf in einer jungen Sparte, die motorisiert ist.

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hoi Tobias
    Danke für deine Rückmeldung. Kleine Korrektur: Für E-Bikes mit gelber Nummer und Tempo (>30Km/h) gilt bereits eine schweizweite Helmpflicht. Neu wäre lediglich die Einführung einer Helmpflicht für die langsamen E-Bikes (bis 25Km/h). Du hast Recht, dass eine passende Schutzausrüstung sehr wichtig ist für die Sicherheit im Strassenverkehr. Deshalb empfiehlt auch Veloplus allen Velofahrenden das Tragen von einem Velohelm. Die Gründe von Personen gegen eine Velohelmpflicht haben verschiedene Ursprünge. Fakt ist jedoch, dass in verschiedenen Ländern, die eine Velohelmpflicht eingeführt haben, auch die Zahl der Velofahrenden massiv zurückgegangen ist. In Australien beispielsweise ist die Zahl der Velofahrenden nach Einführung der Helmpflicht um bis zu 30 Prozent zurückgegangen. Eine Helmpflicht ist also kontraproduktiv für die Interessen von Velofahrenden. Denn je mehr Leute das Velo benutzen, desto stärker können auch Interessen der Velo-Gemeinschaft vertreten werden. Auf den Skipisten ist der Helm zum Standard geworden, auch ohne dass man ihn zur Pflicht machen musste. Wichtig ist jedoch, dass die Velo-Infrastruktur verbessert wird und mit Informationskampagnen und Kursen auf die Gefahren im Strassenverkehr aufmerksam gemacht wird.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Martin Seiring
2. Oktober 2020

Ich bin der Meinung, wer Velo fährt soll Helm tragen und zwar zu seiner einen Sicherheit. Im Auto muss ich mich auch anschnallen, egal wie weit oder wie schnell ich fahre. Und was das jeder so halten würde, wäre der Helm auch ein akzeptierter Bestandteil der Ausrüstung. Warum schützen wir denn unsere Kinder und hören dann bei uns auf. Beste Grüsse.

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hallo Martin
    Vielen Dank für deinen Kommentar. Wir bei Veloplus sind der gleichen Meinung wie du. Der Velohelm ist wichtig. Deshalb empfehlen wir auch unserer Kundschaft immer einen Helm zu tragen. Aus verschiedenen Gründen erachten wir jedoch die Einführung einer Velohelmpflicht für den falschen Weg zur Förderung der Verkehrssicherheit und Unfallprävention. Wichtiger wäre es, den Fokus vor allem auf die mangelnde Infrastruktur für Velofahrende zu setzen und das Problem am Ursprung zu bekämpfen.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Beat Vogelsanger
3. Oktober 2020

Ich bin mit den normalen Fahrrad typischerweise mit 25 km/h unterwegs, bei Rückenwind noch schneller, total ca. 100’000 km in den letzten 30 Jahren gefahren. Kein einziger Unfall, aber unzählige Beinahe-Kollisionen mit Autos / Lastwagen / Cars / ÖV welche meinen Vortritt (an Kreuzungen, auf Hauptstrasse, bereits in Kreisel, …) konsequent missachtet haben – nur weil ich immer mit dem Fehlverhalten der Verkehrspartner rechne konnte ich bis jetzt jedes mal einen Unfall verhindern! Wenn ich mal danach den jeweiligen Fahrer zur Rede stellen konnte, war oft die Antwort, ich sei halt zu schnell gefahren und deshalb selber schuld (also z.B. weil ich in der 50er Zone mit für Velos unerwartet schnellen 30 km/h gefahren sei) – dies sagt wohl alles wo wirklich angesetzt werden sollte……

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hallo Beat
    Vielen Dank für den Kommentar. Auch wir finden, dass genau überdenkt werden sollte, mit welchen Massnahmen die Verkehrssicherheit gefördert, und Unfälle verhindert werden. Du hast auch Recht, dass man im Strassenverkehr immer auf das Fehlverhalten von anderen Verkehrsteilnehmern gefasst sein muss und nicht immer davon ausgehen kann, dass alle fehlerfrei unterwegs sind.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Roland Baumann
3. Oktober 2020

Auf meinem Arbeitsweg, täglich 18km, städtisch / Agglomeration, knapp 30km/h, ohne Motor, sieht man Einiges.
Autofahrer überholt drei Velofahrer fährt auf Trottoir und öffnet Türe , halben Radstreifen blockierend. Zwei müssen brüsk bremsen, ich war schon auf der Strasse.
Vor Autotüren und auch Tramgleisen habe ich größten Respekt (Abstand, auch wenn ich mir dadurch Scherereien mit Autofahrern einhandle).
In letzter Zeit gab es Konflikte mit entgegen kommenden Bikern. Meiner Ansicht nach, gibt die Fahrtrichtung der Straße auch die Richtung auf dem angrenzenden Radstreifen vor.
Kinder und Fußgänger gehen auf dem distanziertesten Teil des Trottoirs (Sicherheit), Gegenverkehr (ohne Motor) sucht sich den Weg mittig. Hauptfahrtrichtung ist angrenzend an die Straße, so sind auch relativ schnelle Ausweichmanöver auf die Straße möglich. (Bordstein als Rampe ausgebildet).
Dazu müssten noch vermehrt Untersuchungen durchgeführt und sensibilisiert werden.
In Bezug auf Sicherheit und E-Bike hat die Zahl der Neulenker sicher einen Einfluss. Es ist ein Unterschied ob jemand mit 10 oder 15 km/h oder doppelt so schnell unterwegs ist. Es sind viele Aspekte: Bremsweg, Fahrdynamik, Gefahren voraus sehen, Autofahrer reagieren anders, etc.

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hoi Roland
    Danke für deine spannende Ausführung zu deinen persönlichen Erlebnissen im Strassenverkehr. Der Verkehrsraum ist platzbedingt beschränkt und wie du das gezeigt hast, kann es immer wieder zu Konflikten verschiedener Verkehrsteilnehmenden kommen. Dein Input, dass vermehrt auf die Gefahren im Strassenverkehr sensibilisiert werden sollte unterstützen wir und du hast Recht, dass verschiedene Faktoren die Sicherheit beeinflussen können.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Theo Schmidt
3. Oktober 2020

Ich vermute sogar Salamitaktik. Zuerst kamen die schnellen Elektrovelos dran, immerhin einigermassen logisch, nun die langsamen, dann werden es wohl die Kinder sein, und am Schluss alle, obwohl allgemeine Helmpflichten überall dort, wo sie eingeführt wurden, sich als kontraproduktiv erwiesen haben.

Was hingegen nötig wäre, ist bessere Ausbildung. Ich hatte als ehemaliger Co-Leiter der Velofahrkurse der Pro Velo Region Thun mit andern Pro Velo Sektionen einen Kurs für Elektroveloneulinge und Senioren erarbeitet. Während unsere normalen Kurse für Kinder und deren Eltern rege nachgefragt wurden, gab es für unseren Elektrovelokurs keine einzige interessierte Person. Es scheint, dass die meisten Leute, die je als Kind auf einem Zweirad balancieren lernten, meinen, dass sie sichere Velofahrer seien, selbst wenn sie Jahrzehnte nicht mehr Velo fuhren und beim Wiederinstieg sogar mit Motor.

    Béla Brenn
    5. Oktober 2020

    Hoi Theo
    Danke für den spannenden Input. Kurse für Elektrovelos und Informationskampagnen erachten auch wir als sinnvolle Mittel um die Sicherheit für Velofahrende im Strassenverkehr zu erhöhen. Es braucht jedoch auch weitgreifendere Massnahmen. Die Velo-Infrastruktur muss grundlegend ausgebaut werden um eine bessere Sicherheit im Strassenverkehr zu gewährleisten. Andere europäische Länder und Städte haben gezeigt, dass man durch eine, auf das Fahrrad ausgelegte Infrastruktur massgebend die Sicherheit erhöhen kann. In Holland beispielsweise ist der Anteil Velofahrender rund vier Mal so gross wie in der Schweiz. Und obwohl dort die meisten ohne Helm unterwegs sind, ist das Risiko, auf dem Velo einen tödlichen Unfall zu haben, in der Schweiz drei Mal so gross wie in Holland.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

zimmermann max
4. Oktober 2020

Was soll das ?
Unfälle werden geschehen mit oder ohne Helm.
Aber,helmtragen kann schwere Kopfverletzungen und lange
Rehabilitation vermeiden.
Keiner trägt einen Helm um einen Unfall zu verhindern, sondern um sich zu schützen.

    Veloplus – Roger Züger
    5. Oktober 2020

    Hoi Max
    Vielen Dank für deine Nachricht! Es ist richtig, wenn du sagst, dass Velofahrende einen Helm tragen, um sich zu schützen! Aber es trägt wenig zur Veloförderung bei, eine Helmpflicht einzuführen. Es ist ähnlich wie auf den Skipisten: Da sieht man heute kaum noch Skifahrende ohne Helm, auch wenn es keine Pflicht ist. Es ist nicht unser Ziel, gegen den Helm anzukämpfen, den empfehlen wir immer, aber es braucht nicht noch mehr Vorschriften fürs Velofahren. Viel dringender ist es, die Probleme am Ursprung anzupacken – in diesem Fall eine bessere und sicherere Infrastruktur für Velofahrende! Es nützt nichts, ein Helmobligatorium einzuführen, denn die Unfälle gehen deswegen nicht zurück. Dein Veloplus-Team

Markus
6. Oktober 2020

Von den Autofahrern hört man immer: Da kam einer mit dem E-Bike so schnell daher, da habe ich ihn fast überfahren, das konnte ich ja nicht ahnen. Das Kind rannte so schnell hinter dem parkieren Auto hervor, zum Glück konnte ich noch ausweichen. Entschuldigung: Kind 8km/h Auto innerorts 55km/h. Ich denke man sollte sich als Autofahrer der Gefahr bewusst werden, die von einem aus geht. Wenn ein Velofahrer in Sicht kommen, sollte man schauen ob er vielleicht abbiegen will, oder der Veloweg gleich fertig ist und der Velofahrer nun die Spur für die Autos mitbenutzt (Vorausschauend fahren). Wenn ich jeweils Velo fahre, schaue ich auch für die Autofahrer hinter mir, welche die in meine Spur einbiegen oder die überholenden und gleich rechtsabbiegenden Autofahrer. Ich finde es aber eigentlich nicht in Ordnung. Man kann doch auch mal freiwillig auf 30km/h abbremsen. Es geht hier um Leben von Kindern, Müttern, Väter, Eltern usw., das sollte es einem Wert sein, auch wenn man 5 Sekunden später am Ziel ankommt. VIELEN DANK FÜRS AUFEINANDER ACHT GEBEN (Gilt auch für Velofahrer)

    Veloplus – Béla Brenn
    6. Oktober 2020

    Hoi Markus
    Vielen Dank für deinen spannenden Kommentar. Wir geben dir vollkommen Recht, dass alle Verkehrsteilnehmenden aufeinander Acht geben müssen und eine vorausschauende Fahrweise viele Unfälle und gefährliche Situationen präventiv verhindern kann. Denn wie du richtig gesagt hast, geht es um Menschenleben und alle Menschen müssen sich im Strassenverkehr den Gefahren bewusst sein und mit Respekt und Achtung voreinander unterwegs sein.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Rolf Egger
6. Oktober 2020

…einfach mal einen verunfallten auf der strasse auflesen müssen, der mit dem kopf auf dem asphalt aufgeschlagen ist und sofort befürwortet man ein helmobligatorium…es gibt keine argumente ohne helm fahrrad zu fahren. punkt!

    Veloplus – Béla Brenn
    6. Oktober 2020

    Hallo Rolf
    Danke für deinen Kommentar. Du hast Recht. Es gibt keinen Grund ohne Helm zu fahren. Deshalb empfiehlt Veloplus auch allen das Tragen vom Velohelm. Umstritten ist jedoch, ob ein Obligatorium die Lösung für das Problem ist. Nicht alles was gut ist, muss auch obligatorisch sein. Ausserdem ist es erwiesen, dass ein Helmobligatorium negative Auswirkungen auf das Velo als Verkehrsmittel hat, und die Zahl der Velofahrenden rückläufig ist durch die Einführung einer Helmpflicht. Und sehr viele Leute ziehen auch ohne Obligatorium einen Helm an. Ein Helmobligatorium könnte also eher kontraproduktiv sein, wird jedoch oft als die Lösung gegen die steigenden Unfallzahlen angepriesen. Dies ist in unseren Augen jedoch der falsche Lösungsansatz. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass das Problem beim Ursprung bekämpft wird. Den Ursprung sehen wir in der mangelnden Velo-Infrastruktur, die dringend ausgebaut werden muss.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Adriano
6. Oktober 2020

Es is ja immer so mit Statistiken. Trau niemals Statistiken an, die du nicht selber manipuliert hast.

Bei Astra war es schon immer so: „Geschwindigkeit“ soll der Grund sein. Das ist die blödeste Ausrede und gilt für Velos wie für Autos. Klar, ein nicht fahrendes Velo oder Auto ist nicht gefährlich: also ein Unfall mit 5km/h hätte man vermieden können, falls die Geschwindigkeit tiefer war.

Was ist der Hauptgrund für die Scheidung? Die Hochzeit 😉

Aber auch SBB ist nicht besser, es gibt über 100 Tote pro Jahr, aber diese will die SBB nicht mitzählen, da Selbstmord nicht gezählt wird (würde es mit Autos oder Velos passieren, ging es dann selbstverständlich unter Verkehrsunfall).

Christian Bähler
6. Oktober 2020

Erstmal, warum diese Kategorien?
Ob nun ein Mensch in einem PW oder auf dem Velo sitzt… es ist doch immer noch ein Mensch.
Nun, ich bin meist Velopender vom Land in die Stadt Bern. Die Infrastruktur, sofern der Unterhalt nicht vernachlässigt, ist völlig ausreichend. Was mir aber auffällt, dass ein ziemlich grosser Anteil derjenigen Mensch, welche sich für`s Velo entschieden haben, keine oder kaum Ahnung vom Strassenverkehrsgesetz haben. Rechtsfahrgebot einhalten? Fehlanzeige. Respektieren von (Doppelten) Sicherheitslinien? Fehlanzeige. Fahrzeugbeleuchtung? Fehlanzeige. Überholverbot im einspurigen Kreisverkehr? Fehlanzeige. Anhalten auf (halbe) Sichtweite? Fehlanzeige.
Daher sind auch all die Vergleiche mit Städten wie Koppenhagen, Amsterdam etc. und derer Infrastruktur völlig fehl am Platz. Ich kenne diese Städte und es ist nicht die Infrastruktur, welche den Hauptunterschied ausmacht. Es sind die Menschen und ihre Fähigkeiten, sich in den Verkehr zu integrieren, teil davon zu sein und sich Rücksichtsvoll darin zu bewegen.

    Veloplus – Béla Brenn
    7. Oktober 2020

    Hallo Christian
    Besten Dank für deine Rückmeldung. Du hast vollkommen Recht, dass die Einhaltung der Verkehrsgesetze, das rücksichtsvolle Fahren und die Strassentauglichkeit des Velos sehr wichtige Aspekte zur Reduzierung der Unfallzahlen sind. Jedoch stimme ich deiner Aussage bezüglich der ausreichenden Infrastruktur nicht ganz zu. Basierend auf der Stadt Bern darauf zu schliessen, dass die Velo-Infrastruktur völlig ausreichend ist, wäre in meinen Augen ein Fehlschluss. Denn bei weitem nicht alle Schweizer Städte sind so velofreundlich wie Bern und auch in Bern selbst gibt es noch Verbesserungspotenzial.
    Den Vergleich mit der Infrastruktur von europäischen Velo-Städten empfinde ich aus eigener Erfahrung ganz klar als sinnvoll und nicht Fehl am Platz. Ich habe ein halbes Jahr in Holland gelebt und war täglich mit dem Fahrrad unterwegs. Noch nie habe ich mich so sicher gefühlt auf dem Fahrrad wie in Holland. Sehr selten fährt man entlang von Strassen neben Autos. Fast überall haben Velos ihre eigenen Wege und die Velorouten sind lückenlos vernetzt. Und das nicht nur in Amsterdam. Mein Gefühl der Sicherheit kam also durch die optimal ausgebaute Velo-Infrastruktur und nicht durch die Fähigkeit der Menschen dort, sich besser in den Verkehr zu integrieren als die Menschen in der Schweiz. Ich finde es subjektiv zu behaupten, dass die Menschen in anderen Ländern viel rücksichtsvoller Fahren und sich besser in den Verkehr integrieren als in der Schweiz. „Sich in den Verkehr integrieren“ ist am Beispiel von Holland in meinen Augen auch der falsche Ausdruck, bzw. zeigt genau das Problem unserer Infrastruktur. Wenn es durchgehend von Autos getrennte und sichere Velorouten gibt, muss man sich auch nicht aktiv in den Verkehr integrieren, da man eine eigene Route hat. Und in Holland habe ich genauso wenig Beleuchtungen an Fahrrädern und noch viel weniger Velohelme (bzw. fast keine) gesehen, als in der Schweiz.
    Freundliche Grüsse, Béla Brenn, Veloplus

Peter Zoss
6. Oktober 2020

Ich sehe die ganze Sache von 2 Seiten: als Velofahrer (selbst gut 2000km mit dem Rennrad pro Jahr) und als Autofahrer.
Viele Autofahrer unterschätzen die Geschwindigkeit der Velofahrer, das ist ev. einer der Hauptgründe für Unfälle oder Beinahe-Unfälle. Und es wird oft zu knapp überholt (zu kleiner seitlicher Abstand)! Oft wird auch sehr knapp vor einem Velo rechts abgebogen. Als Velofahrer muss man wissen, dass die eigene Silhouette klein ist und man leicht übersehen wird!
Viele Velofahrer verhalten sich vor allem im langsamen Kolonnenverkehr oder sogar stehendem Verkehr sträflich, indem sie rasch rechts an der Kolonne vorbeifahren und sich dann zuvorderst rechts neben das vorderste Auto stellen (das ev. sogar nach rechts blinkt) – ich weiss, man darf das… Oder sich durch die Kolonne schlängeln. Im Kreisel soll der Velofahrer in der Mitte der Fahrbahn fahren, so wird er viel weniger überholt und dann bei der nächsten Ausfahrt abgedrängt.
Zum Helm: ich trage den Velohelm konsequent, sei es auf dem 96-jährigen Militärrad oder auf dem Rennvelo. Eine generelle Helmpflicht unterstütze ich aber nicht.

Hannes
6. Oktober 2020

Schöner, fundierter Beitrag. Danke!
Ich behaupte einfach mal dass das Hauptproblem darin liegt, dass in der Schweiz die Entscheidungsträger in den Ämtern und in der Politik aus der Sicht als nicht-Velofahrer und hauptsächlich aus der Sicht der Autofahrer urteilen. Fakten interessieren die nicht, so lange sie ihre Meinungen nicht stützen.
Die wollen die Velos einfach weg von der Strasse haben, was man bei der Verkehrsplanung sehr gut daran sehen kann, dass man als Velofahrer zunehmend gezwungen wird, zu oft den Weg mit Spaziergängern, Kinderwagen und Hunden zu teilen. Da ist kein zügiges, gefahrloses Vorwärtskommen mehr möglich.
Es braucht eine starke Velo-Gemeinschaft die sich in der Politik fürs Velo als sicheres und gesundes Verkehrsmittel einsetzt.

    Veloplus – Béla Brenn
    7. Oktober 2020

    Hoi Hannes
    Danke für deine Nachricht. Wir geben dir Recht, dass eine starke Velo-Gemeinschaft in der Politik sehr wichtig ist, damit die Interessen des Velos noch besser umgesetzt werden.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Armin
6. Oktober 2020

Der ausführliche Beitrag sagt sicher mehr aus als die knappe ASTRA-Pressemitteilung. Wichtig an dieser ist jedoch der Hinweis auf die laufende Vernehmlassung, wo jeder und jede sich zum Vorschlag äussern und konstruktiv zu guten Vorschriften beitragen kann. Nicht poltern, mitwirken!
Nach wie vor nicht nachvollziehen kann ich die kritische Haltung von Veloplus gegenüber der Helmtragpflicht. Dies zudem entgegen der Meinung der Veloplus-Kunden, von denen sich in der online-Umfrage fast 3/4 für die Helmpflicht ausgesprochen hatten. Die Argumente gleichen denjenigen der Autolobby bei der Einführung der Gurttragpflicht. Diese hat zu einem markanten Rückgang der Verkehrsopfer geführt, der Zunahme des Autoverkehrs hat sie aber (leider) keinen Abbruch getan.

    Veloplus – Béla Brenn
    7. Oktober 2020

    Hoi Armin
    Danke für deine Rückmeldung und den Input zu der laufenden Vernehmlassung. Bezüglich der Helmpflicht haben wir einen klaren Standpunkt: Wir unterstützen und empfehlen ganz klar das Tragen von einem Helm, sind aber gegen die Pflicht. Von den Rückmeldungen via Mail und aus den Kommentaren die zu unserem Beitrag zur Helmpflichtdebatte gekommen sind haben wir auch gemerkt, dass viele Leute unsere Position zu diesem Thema nicht ganz korrekt interpretiert haben. Viele Kommentare und Mails haben uns demnach vorgeworfen, dass wir uns politisch gegen den Velohelm einsetzen. Dies ist jedoch eine falsche Schlussfolgerung, da wir nie gegen den Helm, sondern nur gegen die Pflicht des Tragens argumentieren, was ein sehr wichtiger Unterschied ist.
    Die politischen Forderungen, dass zur Bekämpfung der Unfallzahlen eine Helmpflicht eingeführt werden muss, lenken in unseren Augen vom eigentlichen Ursprung der Unfallzahlen ab. Nämlich dass es nach wie vor einen massiven Nachholbedarf bezüglich dem Ausbau der Veloinfrastruktur gibt. Diese Position vertreten auch andere grosse Velo-Interessenverbände. Zahlen belegen auch, dass die Helmpflicht (auch wenn sie gut gemeint ist) eher kontraproduktiv sein kann und keinen positiven Einfluss auf die Unfallzahlen hat. Immer mehr Leute ziehen ohnehin auch ohne eine gesetzliche Regelung den Helm an. Somit sind wir überzeugt, dass sich der Helm auch ohne gesetzliche Regelung etablieren wird und dieser Wandel nicht forciert werden muss.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Daniel Bachofner
7. Oktober 2020

Danke Veloplus, dass ihr diese Diskussion hier angestossen habt. Ich stelle fest: Niemand äussert sich grundsätzlich gegen den Velohelm, das wäre auch schwer begründbar. Aber mit einem HelmOBLIGATORIUM fahren weniger Leute Velo, und das ist unter dem Strich gefährlicher (für die übrigen Velofahrenden) und ungesünder (für die Gesamtgesellschaft). Dieser Zusammenhang sollte endlich auch den Befürwortern einer Tragpflicht einleuchten.

    Veloplus – Béla Brenn
    8. Oktober 2020

    Hoi Daniel
    Danke für deine Rückmeldung. Wir finden es wichtig, dass über Themen rund um das Fahrrad und die Sicherheit im Strassenverkehr diskutiert wird. Du hast Recht, dass es irrational und schwierig wäre, gegen den Helm per se zu argumentieren. Genau wie du finden wir es jedoch wichtig, über die Helmpflicht zu diskutieren und auch die kontraproduktiven Seiten einer solchen Pflicht zu betrachten. Die von dir genannten Zusammenhänge sind ein Beispiel für eine Folge der Helmpflichteinführung.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Barfüsser
7. Oktober 2020

25 km/h erreiche bzw. überschreite ich locker mit jedem normalen Fahrrad.
Beim E-Bike stellt sich ab dieser Geschwindigkeit das Gefühl ein abrupt abgebremst zu werden, da die Motorunterstützung dann übergangslos wegfällt.
Zudem ist das ab dann nur noch muskelkraftbetriebene E-Bike deutlich schwerer.
Ich kann also nicht nachvollziehen dass E-Bikes angeblich per se schneller sein sollen als nicht-unterstützte Räder und damit „pro“-Helmpflicht argumentiert wird.

    Veloplus – Béla Brenn
    8. Oktober 2020

    Hallo Barfüsser
    Danke für den Input. Es ist sehr schwierig die Grenzen zu setzen und zu definieren, was schnell und was langsam ist. Sobald es jedoch um ein motorisiertes Fahrzeug wie auch das E-Bike geht, kann man argumentieren, dass selbst eine Person, die mit reiner Muskelkraft keine 25 Km/h erreichen würde, ohne Probleme auf dieses Tempo kommt. Somit sind tendenziell mehr Menschen „schnell“ unterwegs, die eventuell nicht mit diesem Tempo umgehen können. Natürlich hast du jedoch Recht, dass je nach Fahrer*in sehr viele „normale“ Velos schneller unterwegs sind als E-Bikes. Wir empfehlen allen Fahrradkategorien das Tragen von einem Velohelm. Eine Helmpflicht jedoch, erachten wir als das falsche Mittel zur Reduzierung von Unfällen.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Didi
7. Oktober 2020

Dass der Velohelm den Fahrer unattraktiv macht ist mir noch nie aufgefallen, höchstens man trägt ihn hinten im Nacken. Für mich gehört der Velohelm zur Ausrüstung wie Bremse, Sattel und Pedale. Auch eine Veloglocke gönne ich mir, am Rennvelo wie auch am Mountainbike. Ist auch nicht obligatorisch aber wie der Helm ungemein wirksam.

    Veloplus – Béla Brenn
    8. Oktober 2020

    Hoi Didi
    Danke für deinen Kommentar. Die richtige Ausrüstung und ein verkehrstaugliches Velo ist der erste Schritt für die Sicherheit im Strassenverkehr. Dass du zusätzlich zur obligatorischen Ausrüstung und zum Helm auch eine Veloglocke an deinen Fahrrädern angebracht hast, erhöht deine Sicherheit und ist begrüssenswert.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

marco
7. Oktober 2020

Willkommen im Klub
Als Ex-Motorradfahrer haben wir doch einige Déja-Vu’s.
E-Bikes haben wegen ihres höheren Gewichts einen längeren Bremsweg (Physik bleibt Physik). Die Sichtbarkeit von Velofahrer ist ähnlich wie bei Motorradfahrer schlechter (vor allem mit dunkler Kleidung), darum fahre ich mein E-Bike auch am Tag immer mit Licht an, und trage gelbe Sicherheitsweste.
Das erzwingen eines Vortritts auf zwei Rädern ist gesundheitlich gesehen eine schlechte Idee.
Für den motorisierten Verkehr gibt es eigentlich das Gesetz, anpassen der Geschwindigkeit an die Verhältnisse (sollte dem E-Biker auch einleuchten). Ich fahre mit meinem 45er E-Bike regelmässig von Lyss nach Bern. Ab der Stadtgrenze fühle ich mich oft von Hirntoten umgeben. Ich halte bei rot, bin mir des toten Winkels von PKW, LKW und Bus bewusst und stelle mich da nicht hin etc..
Ich wurde bis jetzt einmal in der Stadt Bern abgeschossen (von einer Velofahrerin).
Das Spiel guter Velofahren, böser Autofahrer ist unsinnig. Ich nutze sämtliche Verkehrsmittel und stelle fest, dass es prozentual überall etwa gleich viele Idioten gibt.
Weniger Ego und Aggression, dafür mehr Rücksicht, Freundlichkeit und Mitdenken erübrigt Helm und teure Infrastruktur.
Ich versuche es mit einem Lächeln und ab und zu klare Zeichen geben.

    Veloplus – Béla Brenn
    8. Oktober 2020

    Hallo Marco
    Besten Dank für deinen Beitrag zur Diskussion. Du hast Recht. Alle motorisierten (aber auch die nicht motorisierten) Verkehrsmittel sollten ihre Geschwindigkeit stets den herrschenden Verhältnissen anpassen. Es ist auch sehr vorausschauend, sich nicht in einem toten Winkel zu positionieren. Man kann nie davon ausgehen, dass alle Verkehrsteilnehmenden mit der gleichen Rücksicht und Aufmerksamkeit unterwegs sind. Wenn man dies berücksichtigt und stets das unerwartete erwartet, kann man viele Unfälle vermeiden. Es ist jedoch schade, dass dies nötig ist um sicher durch den Verkehr zu kommen.
    Deshalb empfehlen wir trotz vorsichtigem Fahrstil das Tragen von einem Helm und den Ausbau der Infrastruktur. Infrastruktur muss nicht immer teuer sein. Viele Infrastrukturverbesserungen könnten auch mit geringen Kosten realisiert werden.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Fabian Vogt
8. Oktober 2020

Ich pendle mit dem Velo, mal mit und mal ohne Helm (weil ich ihn vergesse oder es mir zu blöd ist) und habe aber mindestens bei zwei Auto-Kollisionen schon davon profitiert.

Als Assistenzarzt auf einer schweizer Notfallstation kann ich aber durchaus verstehen, dass man eine Helmpflicht gerne mit besseren Outcomes bei Unfällen mit (e-)bikes verbinden würde. Bei sogenannten Niederenergietraumata – einfachen Velostürzen – kann ein Helm durchaus schwere Kopfverletzungen verhindern, und allein daher ist das Tragen eines Helmes unbedingt zu empfehlen. Ich nehme an, dies ist auch jeder Velofahrer*in klar.
Bei schweren Unfällen mit hoher Geschwindigkeit und bei Kollisionen mit PWs/LKWs mag der Helm ein Polytrauma – also potentiell tödliche Knochenbrüche, Organverletzungen, Blutungen – nicht verhindern, kann jedoch das Zünglein an der Waage spielpen, ob das Unfallopfer überlebt oder nicht (ob man dann mit den schweren Folgen des Unfalles noch leben will ist persönlich unterschiedlich).

Letztendlich ist es eine politische Frage, ob man als Person selbst entscheiden darf oder der Staat (in bester Absicht) reguliert. Soll man das Rauchen verbieten, weil es offensichtlich Schaden anrichten kann und das den Raucher*innen auch bewusst ist, dies aber trotzdem tun (wie beim Velofahren ohne Helm) oder hätte man die Gurtpflicht im Auto nie einführen sollen, ogwohl sie eindeutig schwere Verletzungen und Tod verhindern kann (wie die Helmpflicht beim Velofahren)?

In mehreren Ländern der Welt herrscht bereits Helmpflicht für Velofahrende (wie ich es in Neuseeland erlebt habe) und es fühlt sich spätestens nach einigen Wochen überhaupt nicht mehr wie eine Bevormundung an, sondern selbstverständlich wie das Anschnallen im Auto. Daher kann ich nicht ganz verstehen, weshalb man gerade bei VeloPlus so stark dagegen ankämpft. Klar, die Argumentation des Astra ist dank eurem Artikel als offensichtlich schlecht bis mies erkennbar, aber im Prinzip ändert es nichts daran, dass eine Helmpflicht schwere Kopfverletzungen bei uns Velofahrenden verhindern kann.

Wie auch immer, ich hoffe, dass – ob mit oder ohne Helmpflicht – möglichst viele Velofahrer*innen sichtbar, mit Helm, angemessener Geschwindigkeit und allem voran mit Rücksicht unterwegs sind und wir uns nie auf der Notfallstation begegnen mögen 😉

    Veloplus – Béla Brenn
    8. Oktober 2020

    Hoi Fabian
    Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Deine Reflexion bezüglich staatlichen Regulierungen und der Frage, ob und wo sie sinnvoll sind oder nicht, ist sehr spannend. Wir empfehlen genau wie du immer das Tragen von einem Helm. Jedoch müssen wir dir widersprechen, dass die Astra-Argumentation der Grund für die Ablehnung der Helmpflicht von Veloplus ist (auch wenn die Astra-Argumentation unsere Bedenken bezüglich der Helmpflicht unterstreicht). Gemeinsam mit Veloplus sind auch grosse Schweizer Velo-Interessenverbände wie Pro Velo Schweiz und Velosuisse gegen die Einführung der Helmpflicht.
    Es mag sein, dass die Einführung der Helmpflicht sehr schnell zur Gewohnheit werden kann und nicht als störend empfunden wird. Dennoch gibt es verschiedene Studien die belgen, dass durch die Einführung der Helmpflicht der Anteil Velofahrender signifikant zurückgeht. In Australien beispielsweise hat die Einführung der Helmpflicht zu einem Rückgang der Fahrradnutzung von 30 Prozent geführt. Wir sind überzeugt, dass eine Verbesserung der Sicherheit und ein Rückgang der Unfallzahlen (egal ob schwere oder leichte Unfälle) viel besser durch andere Gesetze und die Verbesserung der Velo-Infrastruktur erreicht werden. Man muss das Problem am Ursprung behandeln und reflektieren, wie die Strassen sicherer gemacht werden.
    Die Debatte um die Helmpflicht lenkt von den eigentlichen Problemen ab.
    Die Velohelmpflicht wird als Lösung gegen Unfallzahlen präsentiert was ein fataler Fehlschluss ist. Ein messbarer Rückgang der Fahrradfahrenden kann zudem auch Auswirkungen auf die Sicherheit der verbliebenen Fahrräder haben.
    Je weniger Fahrräder sich im Strassenverkehr bewegen, desto weniger stark werden sie von Autos wahrgenommen. Je grösser die Menge Velofahrender ist desto besser lernen auch andere Verkehrsteilnehmer ihre Wahrnehmung auf deren Präsenz zu schulen. Somit ist es also sogar fraglich ob die Helmpflicht wirklich zu einer Verbesserung der Sicherheit von Velofahrenden beiträgt auch wenn bei einem Sturz der Helm das schlimmste verhindern kann.
    Es sollte in unseren Augen doch eher dafür gesorgt werden, dass das Risiko für den Unfall minimiert wird und nicht nur das Risiko, sich beim Unfall schwer zu verletzen. Das Fahrrad ist das Fortbewegungsmittel der Zukunft und es sollten auf keinen Fall Hürden für die Benutzung des Fahrrads aufgebaut werden. Dies würde ein falsches Zeichen setzen. In Holland beispielsweise gibt es drei Mal weniger Todesfälle auf dem Fahrrad bei einer vier Mal so grossen Anzahl Fahrradfahrenden. Und das obwohl die meisten keinen Helm anziehen.
    Eine sinnvolle Strategie wäre also in angemessenen Schritten stetig die Infrastruktur und Sicherheit zu verbessern, gleichzeitig aber über Informationskampagnen trotzdem die Relevanz des Helmes und die Gefahren des Strassenverkehrs aufzuzeigen, ohne dass man den Helm durch eine abschreckende Pflicht erzwingt.
    Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Johannes
11. Oktober 2020

Beat Vogelsanger hat es mit seinem Komentar am 3.10. meiner Meinung nach genau auf den Punkt gebracht. Ich selber bin seit genau 50 Jahren sehr viele km im täglichen Pendelverkehr mit dem Velo gefahren, und lebe heute immer noch, nur dank einer einzigen Taktik: für die Autofahrer denken, die schlicht und einfach unsere Geschwindigkeit NICHT einschätzen können!
Jeder von uns Viel-Velofahrern (übrigens egal ob E-Bike oder einfach sportlich auf dem Rennrad…) hat es schon x-mal erlebt wie Autofahrer mit ihrem plötzlichen Linksabbiegen oder Herausfahren aus einer Stoppstrasse uns brutal den Weg abschneiden – und wir nur durch ein schnelles Brems- und Ausweichmanöver einen Unfall verhindern können.
Oft sind sich solche Autofahrer nicht einmal bewusst, dass sie gerade einen gravierenden Fehler gemacht haben, und schauen uns noch vorwurfsvoll an, da sie uns für schuldig halten….!
Das Problem ist nicht die Geschwindigkeit der Zweiräder sondern (fast immer) die UNACHTSAMKEIT DER AUTOFAHER! Wann wird das den Politikern, dem ASTRA und der BfU endlich klar??

Antonio
18. Oktober 2020

Fahre täglich Rennrad. Bin der Meinung viele schnelle E-bike Fahrer sind übervordert mit der Geschwindigkeit.
Um mit einem Rennrad Geschwindigkeiten auf ebener Strecke von 40 Kmh zu fahren braucht es Training, das geht nicht von einem Tag zum andern. Mit dem e-bike geht das sofort ohne Übung

    Veloplus – Béla Brenn
    20. Oktober 2020

    Hoi Antonio
    Ja das stimmt. An die Geschwindigkeit muss man sich gewöhnen und das Tempo den eigenen Fähigkeiten anpassen. Nur so kommt man sicher durch den Strassenverkehr. Freundliche Grüsse, dein Veloplus-Team

Barfüsser
21. Oktober 2020

Ich streite gar nicht ab dass ein Helm „vernünftig“ ist, ein Obligatorium lehne ich aber ab — da bin ich ganz bei Herrn Bachofner (7. Okt.)
1. Wo hört man dann auf mit dem Verpflichten zu Schutzmassnahmen?
2. impliziert es unterschwellig eine (Mit-) Schuld des Velofahrers, auch wenn er selbst völlig unschuldig war.
3. Ja, Unfallfolgen können schwer sein, in der Gesamtheit der Radfahrenden ist es aber eine doch geringe Zahl – wenn auch durchaus jeder Fall einer Zuviel ist. Die permanent (!) als störend empfundene Beeinträchtigung durch einen Helm besteht aber ständig während des Radfahrens – und beim Absteigen dann auch noch, weil – wohin damit?
Beispiel: Ich lebe seit 17 Jahren barfuß – überall und jederzeit. Wie oft werde ich darauf aufmerksam gemacht „wie gefährlich das sei“.
Ich habe mich in all den Jahren ein einziges Mal etwas verletzt – man entwickelt einen 7. Sinn zur Vermeidung von Verletzungen – ebenso wie hier viele Velofahrer schildern wie sie vorausschauend fahren – soll ich deshalb nach dieser Erfahrung jetzt auf Schuhe umsteigen ? Ich habe mich schon viel öfter beim Kochen verletzt. Deshalb jetzt eine Handschuhpflicht fordern ?
Irgendwo muss das Leben auch noch eine gewisse Abwägung und Eigenverantwortung zulassen – ich möchte nicht „zum Selbstschutz“ bis ins Allerkleinste reglementiert werden.

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