Radquer in Belgien: Quick and dirty

Unsere beiden Radquerraketen Yves Albrecht und Fabian Obrist massen sich am vergangenen Wochenende mit der belgischen Konkurrenz. Bei perfektem Wetter (nass und kalt) schlugen sich die beiden tapfer, wie der Bericht von Fabian Obrist zeigt.

«Radquer in Belgien ist wie die Champions League im Fussball, ein Grand Slam im Tennis oder der Ironman auf Hawaii. Fernsehen, Klatschmagazine, Poster in Teenie-Zimmern, überall findet man die Namen der belgischen Quer-Cracks. Und dann waren da noch zwei Schweizer, Yves Albrecht und ich. Yves arbeitet bei Veloplus im Innendienst, ich als Kundenberater, beide 100 Prozent. Wir trainieren so oft wir können, fünf bis acht Mal pro Woche. Jeder von uns hat bereits über 100 Rennen bestritten – wir sind also keine Neulinge im Radsport.

Am letzten Freitagmorgen früh, am Tag vor Samichlaus, machten wir uns auf den Weg in Richtung Brüssel, wo wir übernachteten. Am Samstag war der erste Renntag, der GP von Hasselt: eine schnelle, verspielte Strecke, viele Kurven, ein Wassergraben, Sandpassagen und viele Zuschauer. Wir sind Nobodys, aber trotzdem – oder gerade deswegen – kamen viele Zuschauer vor dem Rennen zu uns und wollten Fotos, Autogrammkarten etc. Ungewohnt, aber schmeichelhaft!

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Krieg auf zwei Rädern

Um 15 Uhr war der Start. Etwa 40 Fahrer standen angespannt an der weissen Linie und warteten, bis die roten Lichter ausgehen und das Rennen freigegeben wird. Start – und zwar richtig! Schon in den ersten paar Kurven gab es einigen Körperkontakt, und in den Laufpassagen wurde das geschulterte Velo als Rammbock benutzt. Krieg auf zwei Rädern, willkommen in Belgien.

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Der Puls hämmerte gegen die Schädeldecke, Blutgeschmack machte sich breit im Mund, die Beine in der Sauerstoffschuld brannten. Erst eine halbe Runde … uns war bewusst, dass wir keine Chance haben würden, aber gleich so unter die Räder zu kommen, ist schon heavy. Ich fuhr mit zwei anderen Fahrern, hinter mir waren noch etwa zwei oder drei weitere. Vollgas, wo es nur geht, jede Kurve, jede kleine Steigung, sogar die Laufpassagen wurden gesprintet.

Malheur in der Abfahrt

Die zwei Jungs musste ich ziehen lassen, konnte aber einen anderen ein- und überholen. Als  ich in die dritte Runde ging, hatte ich bereits zwei Minuten Rückstand auf die Spitze, was für Crossrennen  relativ viel ist. Ich fuhr mein Rennen, stets nahe am roten Bereich, als es in einer kleinen Abfahrt krachte: Ich wollte mich setzen und fiel ins Leere – gebrochene Sattelstütze, na toll. Dass es auch noch kurz nach der Wechselzone passieren musste, vereinfachte die Sache nicht gerade. Ich verlor einiges an Zeit und an Plätzen, bis ich das Velo wechseln konnte. Als ich beim Ziel durchfuhr nahm man mich aus dem Rennen, die 80-Prozent-Regel kam zum Zug. (Wenn man als Fahrer mehr als 80% auf den ersten verliert, wird man aus dem Rennen genommen, damit die Spitze niemanden überrunden muss und freie Fahrt hat.) Als 30. wurde ich klassiert, die ersten 25 sind allesamt Profis.

Belgisches Kraftfutter

Ein saftiges Fleisch mit einem belgischen Bier zum Abendessen gab neue Motivation für den Sonntag. Der Wetterbericht versprach schönes Radquerwetter – also Regen und kalt. Nach längerer Parkplatzsuche erreichten wir den Rennplatz. Die Pfützen am Boden hatten eine Eisschicht, der Wind wehte unaufhörlich und die dunklen Wolken versprachen ein dreckiges Rennen. Der Start-/Zielbereich lag mitten im Dorf Overijse, und schmierige Kopfsteinpflaster und eine sumpfige Wiese lockten noch mehr Zuschauer an als gestern. Der Streckenteil im Wald war eher technisch und weniger verspielt als gestern. Und Gott sei Dank keine Sandpassagen mehr!

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Wir starteten mit der Kategorie U23: grösseres Feld, aber keineswegs tieferes Niveau. Bereits im Juniorenalter kriegt man in Belgien gute Verträge, dass man es nicht mehr nötig hat eine Lehre zu absolvieren oder zu arbeiten – als U23-Fahrer schon gar nicht mehr.  Ich durfte von einem belgischen Fahrer eine Sattelstütze ausleihen, er selber hatte vier Velos dabei, zusätzlich noch eins in Einzelteilen.

Entscheidende Laufpassagen

Wieder um 15 Uhr der Start, wieder Krieg, diesmal aber weiter vorne, ich erwischte einen sehr guten Start und konnte in der Startphase dank den Scheibenbremsen später entschleunigen und in die Kurven stechen. Ich fand mich in einem kleinen Grüppchen zurecht. In den dreckigen Passagen fühlte ich mich stark, auf den Pavées auch, einzig in den Laufpassagen dachte ich, ich müsse sterben. Die Jungs können mit Velo schneller laufen als ich ohne! Sturz- und defektfrei wurde ich diesmal nach der sechsten Runde aus dem Rennen genommen – es fehlte nicht viel, und ich hätte das Rennen ohne Rundenrückstand beenden können. Meine Leistung war gut, sehr gut sogar, aber gegen die Besten der Welt krieche ich regelrecht über die Piste. Über Weihnachtentstage gehe ich wieder hoch nach Belgien für weitere drei Rennen. Etwas Lauftraining schadet sicher nicht bis dahin … 😛

Ein riesiges Dankeschön an Jürg Bauert vom Laden Wetzikon und Cyril Christen vom Laden St. GAllen, die einen Ferientag opferten, um unsere Velos zu putzen und uns zu betreuen. DANKE!»

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